Zum Gedenken an Svetozar Gligorić

   [Event "Teesside 13/32"]  [Site "England"]  [Date "1972"]  [Round "?"]  [White "Istvan Bilek"]  [Black "Sevtozar Gligorić"]  [Result "0-1"]  [ECO "A16"]  [PlyCount "72"]  [EventDate "1972"]  [EventType "game"]   1. c4 Nf6 2. Nc3 g6 3. g3 Bg7 4. Bg2 O-O 5. d3 c6 6. e4 d6 7. Nge2 Nbd7 8. O-O  e5 9. h3 Nh5 10. Kh2 Nc5 11. Be3 Ne6 12. d4 c5 13. dxc5 dxc5 14. Nd5 Nd4 15. f4  Be6 16. f5 Bxd5 17. exd5 Nf6 18. g4 gxf5 19. gxf5 Kh8 20. Nc3 e4 21. Kh1 Rg8  22. Bg5 {Man muss festhalten, dass die schwarze Stellung nicht berauschend ist.  Der Bauer e4 ist wohl kaum zu halten, und auf d5 steht ein gedeckter Freibauer.  Auf jeden Fall würden wohl die meisten Schachmatisten lieber mit der weißen  Stellung spielen (vielleicht ging es auch Gligorić so?). Der fing jedoch nun  an zu zaubern. Es muss genau das gewesen sein, was mich so begeistert und was  ich auch bei Morozevich so faszinierend finde: Dem Gefühl für die Stellung  Raum geben, Intuition walten lassen und dabei auch noch rechnen können :-)} Bf8  {läutet die folgende Opferkombination ein. Mich als Laie würde ja mal  interessieren, was so ein Zug beim Gegner für Gedanken auslöst. Etwa: 'Nun  hängt ja der Bauer auf e4. Da hat er wohl übersehen, dass nach 23. Sxe4 der  Lg5 gedeckt ist!'. - Das kann ich nicht glauben! Gligorić war zum Zeitpunkt  der Partie seit zwei Jahrzehnten ein Weltklassespieler. Außerdem steht doch der Läufer  auf g7 nicht schlecht. Ob der sich nach einer Umpositionierung (z.B. nach d6)  verbessert? Solche Gedanken könnten einen umtreiben, man könnte misstrauisch  werden und vielleicht doch ein bisschen tiefer in die Stellung eindringen.  Aber sieht man dann das sich anbahnende Desaster?} 23. Nxe4 {Nun ist es ja  psychologisch nicht ganz einfach, besser zu stehen. Druck kommt auf: Ein  voller Punkt muss her, besonders schwer zu machen gegen einen stärkeren Gegner.  Was also hätte Bilek statt 23. Sxe4 spielen sollen? Dd2 bietet sich an, dann  Tae1 etc. Weiß steht dauerhaft besser, muss aber immer taktisch aufpassen.  Hinzu kommt, dass Gligorić als Kenner des Königsindischen mit diesen  Stellungen und taktischen Möglichkeiten äußerst gut vertraut war. Außerdem  gilt wieder "Entscheidend ist auf'm Platz". Ahnt Ihr schon, was kommt?} Nxe4 {  Wie mag es Bilek beim Anblick dieses Zuges gegangen sein? Laut Rybka reicht  dies "nur" zum Remis, allerdings muss Weiß jetzt seinen Nerven zusammennehmen  und sehr präzise spielen. Das gelingt ihm (leider) nicht und beschert Gligoric  einen schillernden Sieg.} 24. Bxd8 Ng3+ 25. Kg1 Rxd8 26. Rf3 Bd6 {Schwarz hat  zwei Springer für die Dame, allerdings bei ungleichfarbigen Läufern und  perfektem Zusammenspiel seiner Figuren. Ich persönlich finde es nach wie vor  fantastisch, wie "langsam" er diese Stellung spielt. Rybka zeigt suboptimales  Spiel auf beiden Seiten an. Doch zeigt sich, wie schwer es der Verteidiger hat,  der seine Remischance nicht nutzt. Praktisch würde mich natürlich  interessieren, wieviel Bedenkzeit noch übrig war auf beiden Seiten, wer hier  was gesehen und nicht gesehen hat, was gerechnet und verworfen wurde. Aber das  werden wir wohl nie erfahren.} 27. Qd3 Rde8 28. Raf1 Nxf1 29. Rxf1 Ne2+ 30. Kh1  Ng3+ 31. Kg1 Nxf1 32. Kxf1 Rg3 33. Qd1 Reg8 34. Qh5 Rxg2 35. Qxf7 Be5 36. f6 Bd4 {und Weiss gab auf.} 0-1 {Ich danke Hans-Jürgen "Hansi" Meißner, der mir vor vielen Jahren diese  wunderbare Partie gezeigt hat, an die ich mich anlässlich des Todes von  Gligorić erinnert habe.}