Luxusfernsehen aus Moskau

von am 14. Juni 2012 in Nachrichten

Luxusfernsehen aus Moskau
Levon Aronian gegen Magnus Carlsen beim Tal Memorial 2012 in Moskau - von einer der vielen HD-Kameras eingefangen. Foto: russiachess.org

Auch wenn man nicht Russisch spricht, sollte man als Liebhaber des Schach­spiels einmal in die Live-Übertragung des Tal-Memorials schalten (dort auf der Seite in russi­scher Sprache mit den Tabellen auf den blauen Button in den nach Datum sortierten Sektionen mit der Aufschrift „Онлайн“ – „Online“ – klicken). Mit einneh­mender Qualität fangen hochauf­lö­sende Kameras das Geschehen ein, ein angeregter Kommen­ta­toren-Dialog besorgt das Hinter­grund­rau­schen und die Übertra­gungs­technik für Schach-Analysen sind nicht nur auf dem aller­neu­esten Stand - mehr noch: sie setzen neue Maßstäbe. Wer doch gern etwas auf Englisch hören möchte, kann Chess.tv einschalten (Weblink siehe unten).

So etwas ist nicht vergleichbar mit dem, was bisher in der Schachwelt geschah, und wir hoffen, dass unser Schat­ten­dasein in den westlichen Medien langsam kompen­siert wird durch das Internet. Wir sammeln immer mehr Erfah­rungen, die Qualität wird immer besser. Nicht nur für die Schach­bun­desliga gibt es Anregungen techni­scher und inhalt­licher Art.

Verglichen mit Fußball ist das immer noch ein Klacks an Produk­ti­ons­kosten, sogar im Vergleich zu Tennis, wer weiß, vielleicht sogar verglichen mit Poker oder Billard. In Moskau hat Gazprom die Taschen geöffnet, und gerade beim Schach gilt die Devise: wer zahlt, ist der Chef. Da wird nicht lange gefackelt, schon gar nicht in Russland, wenn Gazprom im Spiel ist. Wes Brot ich ess, des Lied ich sing. Zu mehr sind Schach­spieler gerade nicht in der Lage, siehe Iljum­schinow, der gerade mit überwäl­ti­gender Mehrheit wieder­ge­wählt wurde. Oder wie Papa Kamsky einst sagte: „You pay, Gata play.“

Uns geht es hier aber um das Format, und es ist der Konzern Gazprom, der in diesem Fall klug genug ist, sich mit diesem Ereignis weltweit zu profi­lieren. Schon nach Wijk aan Zee gingen wir vor Begeis­terung in die Knie. So kann es weiter­gehen.

Ach ja, das Schach: sehr inter­essant, doch wir wollen heute nicht das wieder­geben, was andernorts analy­siert wird. Kasparow meldete sich über Twitter, Spezia­listen kommen­tieren, nicht zuletzt auf der Turnier­seite selbst, alles sehr inter­essant. Nur soviel: Nachspielen und Studium lohnen sich ohnehin.

Partien im PGN-Format via TWIC

Chess.TV (mit Kommen­taren auf Englisch)

Nachtrag: Die gemeinsame Presse­kon­ferenz von Alexander Morose­witsch und Hikaru Nakamura ist äußerst sehenswert. Allein schon, wie Morose­witsch es gelingt, die Fassung zu wahren („Wahrscheinlich war 38.Dd1 ein studi­en­hafter Zug, der einzige Zug, der verliert. Jeder andere Zug hält Weiß in der Partie.“ - auch wie sich beide Top-Stars sich die Varianten zuspielen macht Eindruck. Besonders, weil Morose­witsch eigentlich komplett enttäuscht ist.

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