Tabellenführer gestürzt
Knapp, etwas glücklich aber verdient hat die zweite Mannschaft der SF Berlin den Tabellenführer und Zweitliga-Absteiger TSG Oberschöneweide bezwungen. In der Tabelle der Oberliga Nord-Ost bleiben die Schachfreunde zwar weiterhin auf Rang vier (punktgleich mit Oberschöneweide und Rüderdorf auf Platz zwei bzw. drei), der Abstand zum Ligafavoriten Neuruppin bleibt mit zwei Punkten aber konstant und die Aufstiegschancen somit gewahrt.
4,5-3,5 war der Endstand. Dabei lagen wir nach der Zeitkontroll sogar mit 1,5-3,5 hinten. Fast das Genick gebrochen hat uns dabei ein einzügiger Einsteller aus aussichtsreicher Position von Aron Moritz an Brett 4 gegen Wolfgang Thormann. Die anderen Niederlagen resultierten aus einem zu optimistischen Figurenopfer für zwei Bauern und (zu wenig) Angriff von Jan Cremer gegen Reinhardt Postler an Brett 7 und einem Damenverlust in bereits schwieriger Stellung von Felix Noetzel gegen Ingo stark. (So oder so ähnlich hat es der Berichterstatter jedenfalls am Rande wahrgenommen bzw. so wurde es ihm zugetragen.)
Den vollen Punkt hatte Jan Wendt an Brett 1 gegen Dirk Rosenthal eingefahren. In der Hauptvariante der Königsindischen Verteidigung zeigt sich Jan gut vorbereitet. Schwarz konnte nie ausgleichen bzw. die typischen königsindischen Mogelchancen generieren. Das Remis geht auf Stefan Brettschneider, der einer Zugwiederholung nicht gut ausweichen konnte.
So liefen nach der Zeitkontrolle noch drei Partien, von denen zwei klar gewonnen waren. Eine Partie aus einem Guss zeigte Jan Lundin in seiner Damenbauerneröffnung gegen den Alt-/Königsinder von Sven Horn. Hier dauerte die Partie nur noch eine Hand voll Züge. Ebenso war es bei Rauno Järvinen. Unseren einzigen Schwarzsieg in dem Wettkampf verdanken wir seiner kämpferischen Behandlung des Grünfeld-Inders. Wie genau er auf einmal in Vorteil kam, kann ich gar nicht sagen. Wie es in der Abtausch-Variene üblich ist, war die Stellung hoch komplex. Nach der Zeitkontrolle hatte aber Schwarz mehr Holz übrig.
Kommen wir zum (un)rühmlichen Ende: meiner Partie gegen Christian Syré. Nach der Partie haben wir den Schiedsrichter gefragt, ob wir die Notation zur Veröffentlichung freigeben müssen, denn es wäre uns lieber, wenn diese Komödie (Tragödie?) der Irrungen und Wirrungen so schnell wie möglich der Vergessenheit anheim fallen würde. Es begann ganz harmlos mit dem Benoni-Stonewall (1.d4 Sf6 2.c4 c5 3.d5 e5). Das versprach ja schonmal einen langwierigen Positionskampf. Als ich zum Vorstoß f4 kam, hielt ich meine Stellung für vorteilhaft. Im folgenden fand ich aber nicht den richtigen Plan. Als ich nach Ld7 den Vorstoß d6 nicht zum funktionieren bekam und einen Blokadespringer auf d6 zulassen musste, stand ich schon schlechter.
Christian behandelte die folgende Phase sehr stark und organisierte einen sehr starken Angriff auf meinen König. In Zeitnot fühlte ich mich zum Figurenopfer auf c5 genötigt, während Computer mit Sf2 immer noch an die Haltbarkeit der weißen Stellung glauben. Das Opfer erwies sich als überraschend stark. Nach f5 kam es zu einem Generalabtausch. Statt dessen Ke7 hätte nach Da3 mit der Drohung c5 nebst c6+ zu höllischen Komplikationen geführt.
So kam es also zu einem Endspiel Turm und 5 Bauern gegen Turm, Läufer und 2 Bauern. Während der Partie war es keinem der Beteiligten bzw. der Kiebitze klar, wer eigentlich auf Remis und wer auf Gewinn spielt. (Ehrlich gesagt dachte ich, dass ich das Remis immer in der Hand hätte: einfach drei Bauern gegen den e- bzw. später f-Bauern des Gegners tauschen und dann hat Schwarz den falschen Randbauern für seinen Läufer). Nach kurzem überfliegen mit dem Computer hatte aber Schwarz wohl im 42. eine gute Gewinnchance. Lxh3 wäre überraschend stark, das das geplante Txf7+ Kxf7 Th5 mit Gewinn des a-Bauern nicht gut ist: der schwarze König in Verbindung mit Turm, Läufer und e-Bauern gehen dem weißen König nämlich ganz schön schnell an den Kragen.
Nach dem Tausch auf f4 ist die Stellung wohl in einem extrem fragilen dynamischen Gleichgewicht, in dem beide Seiten leicht stürzen können. Der entscheidende Fehler war 50.... Td7 von Schwarz. Le4+ wäre remis, da das von beiden Akteuren als gewinnbringende angesehene Txe4 Tg3+ Kf2 Kxe4 c7 eben NICHT gewinnt, da Weiß, wenn der dem Dauerschach ausweicht, matt wird!!!
So gewann Weiß eine Figur und verblieb im Turmendspiel mit zwei Mehrbauern. Ende der Geschichte? Mitnichten! Statt in den Autopilotmodus zu schalten und die Stellung im Minutenblitztempo runterzuzocken, wollte ich „elegant“ spielen. Resultat: ein absolut ausgeglichenes Turmendspiel! Da es mir zu peinlich war, Remis zu geben und wir beide - Christian mehr als ich - in Zeitnot waren, wurde weiter rumgerührt.
Also Turm für den schwarzen Bauern (bzw. in dem Moment die Dame) geopfert und mit zwei weit vorgerückten Bauern gegen den Turm gegekämpft. Und tatsächlich ließ sich Schwarz noch beschwindenl. Ein „Bauernopfer“ nebst eleganter Königstreppe resultierten im Endspiel Dame gegen Turm. Das ist zwar theoretisch gewonnen aber praktisch irre schwierig. Christian „begnadigte“ mich durch einen letzten Einsteller. Hier das ganze Drama zum Nachspielen:
Die Einzelergebnisse:
TSG Oberschönewe 3½-4½ SF Berlin II 1 Rosenthal,Dir 0 : 1 Wendt,Jan-Die 3 2 Schoewel,Matt ½ : ½ Brettschneide 4 3 Horn,Sven 0 : 1 Lundin,Jan 6 4 Thormann,Wolf 1 : 0 Moritz,Aron 7 5 Syre,Christia 0 : 1 Nogly,Christo 8 6 Jauk,Wilhelm 0 : 1 Jarvinen,Raun 9 7 Postler,Reinh 1 : 0 Cremer,Jan Pa 12 8 Stark,Ingo 1 : 0 Noetzel,Felix 13 Im nächsten Jahr geht es gegen den Tabellenzweiten aus Rüdersdorf.
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