Zugucken ist manchmal schwerer als spielen
Am vergangenen Sonntag fand die 1. Runde der neuen Oberliga-Saison statt. In der Staffel Nordost trafen wir gleich zu Beginn auf unsere Hauptwidersacher, die zweite Mannschaft von König Tegel. Wir waren uns der Schwere der Aufgabe natürlich voll bewusst, trommelten die allerstärkste Besetzung zusammen, die laut Aufstellung möglich ist, spielten einen starken spannenden Wettkampf und hatten schließlich auch noch Glück. Auch die Gastgeber von König Tegel ließen sich nicht lumpen und stellten stark auf, allerdings mussten sie Andreas Breier und Martin Brüdigam in der 1. Mannschaft einsetzen, die gleichzeitig spielte - das Zünglein an der Wage?
Ich hatte übrigens meinen Einstand als Mannschaftsleiterin. So konnte ich mich neben den Formalitäten auf das Zugucken konzentrieren, hatte mir auch etwas zu lesen mitgenommen (nicht ahnend, dass ich nicht dazu kommen würde). Die Verantwortung am Brett lag bei den Mannschaftskameraden und ich nehme es vorweg: Sie haben das toll gemacht!
Die Situation nach der Eröffnung: Joachim stand klar besser, man sah schon kurzfristig einen vollen Punkt in der Kasse klingeln. Das 1:0 erzielte jedoch Neuzugang Mario Diaz Gavilan an Brett 3 in einer Anti-Marshall-Partie gegen Dr. B. Dimitrijeski. Brett 1 - Debütant Marco Baldauf - spielte sich Zug um Zug eine klar bessere Stellung heraus. Brett 2 stand unklar, aber mit Angriffspotenzial am Königsflügel (Zbigniew vermutete allerdings, er hätte eine „completely losing position“ gehabt), die Partie endete recht bald Remis.
Das gesamte Mittelfeld (Christoph, Jan und Mihail) und Udo an Brett 8 (!) freute sich derweil über weitgehend solide Positionen. Jan, Mihail (er hatte zunächst einen Mehrbauern, später eine Mehr-Qualität) und Udo standen vermutlich sogar klar besser. Die Zeiteinteilung war allerdings, v. a. an Brett 1, nicht gerade kiebitzfreundlich. Marco verfolgte in einer Nahezu-Gewinnstellung in Zeitnot schließlich eine unglückliche Idee, die sein Gegner Steve Berger clever auskonterte. Sehr schade für Marco, eine schöne Partie bis dahin. Nicht zu unterschätzen ist, dass neben der frühen Führung auch die starken Stellungen, besonders von Marco und Joachim, der Mannschaft lange Zeit viel Zuversicht vermittelten. Zwischenzeitlich trat dann Ernüchterung (bei mir) ein.
Denn die Gesamtsituation blieb völlig offen. Nach der Zeitkontrolle war Joachims Wahnsinnsstellung in ein unklares Springerendspiel mit einem Mehrbauern (der allerdings ein Doppelbauer war) übergegangen, sein Gegner Sascha Lorenz (mit einem robusten Überlebenswillen ausgestattet) hatte einen sehr aktiven König und ich konnte als Kiebitz nur spekulieren, ob Joachim nun noch auf einen ganzen, einen halben oder gar keinen Punkt spielt. Udo gewann dann sicher mit schließlich einigen Mehrbauern, Mihail und Jan remisierten. Leider, war ich versucht zu sagen, aber am Ende war wohl jeweils nicht mehr drin.
Es stand also 3,5 : 2,5 für uns, und die zwei verbliebenen Partien sollten wenigstens noch einen halben Punkt einbringen. Diese Spannung musste Gott sei Dank nicht lange ertragen werden: Christoph hielt doch sicherer als vermutet mit einem Bauern weniger im Turmendspiel Remis und auch Joachim steuerte kurz darauf einen halben Punkt zum knappen Gesamtsieg bei.
In Kürze werden auch die Partien zum Nachspielen eingestellt. Vielleicht mag ja der eine oder andere Spieler hier seine Partie vorstellen und kommentieren?
Das abschließende gemeinsame Essen war dann - wie man sich denken kann - eine entspannte Veranstaltung. Besser konnte der Auftakt gegen die starken Tegeler nicht ausfallen. Hier der Endstand:
Schachfreunde Berlin 4½ : 3½ König Tegel Baldauf, Marco 0 : 1 Berger, Steve Strzemiecki, Zbigniew ½ : ½ Giemsa, Stephan Diaz Gavilan, Mario 1 : 0 Dr. Dimitrijeski, Boris Nogly, Christoph ½ : ½ Kachibadze, Georg Lundin, Jan ½ : ½ Niehaus, Frank Chatzidakis, Mihail ½ : ½ Anibar, Ahmed Dr. Wintzer, Joachim ½ : ½ Lorenz, Sascha Hoffmann, Udo 1 : 0 Gallien, Fabian
Der Tabellenstand sieht so aus. Vier Wettkämpfe der 1. Runde wurden jeweils knappstmöglich entschieden, dadurch liegen die Schachfreunde auf dem geteilten 1. bis 4. Platz. Neuruppin verlor unerwartet gegen Greifswald, Fürstenwalde erspielte gegen Weisse Dame ein Unentschieden.
Peter Baranowsky - 26. September 2015
Danke Martina, es ist prima aus der Ferne, an der Ostsee, durch so einen lebendigen Bericht informiert zu werden. Glückwunsch an die Mannschaft und insbesondere die mir persönlich bekannten Spieler.
Arnd Bader - 21. September 2015
Ich konnte den Wettkampf leider nicht live verfolgen und war daher um so mehr erfreut, als ich am späten Abend, das Mannschaftsergebnis gesehen habe. Ich bin an der Gewinnpartie unseres Neuzugangs Mario Diaz Gavilan an Brett 3 sehr interessiert (kann man mir auch an meine Mailadresse zuschicken). Am vergangenen Mittwochabend konnte ich ein wenig Einblick in seine Vorbereitung bekommen. Gegen Boris Dimitrijeski hat er wohl schon einmal auf Mallorca gespielt. Allen Beteiligten Glückwunsch für diesen wichtigen Erfolg zum Saisonauftakt.
Michai Chatzidakis - 21. September 2015
Danke Martina für den Bericht!