Verhaltener Start in Meißen

von am 8. Dezember 2019 in Berichte zur 1. Bundesliga, Nachrichten

Verhaltener Start in Meißen
Zwei Punkte an diesem Wochenende für Krzysztof Jakubowski

Am zweiten Advents­wo­chenende steht die tradi­tio­nelle Doppel­runde in Meißen für die 1. BL auf dem Programm. Mit dem FC Bayern München und BCA Augsburg hat die Mannschaft der Schach­freunde nominell schwä­chere Gegner vor sich, gegen die jeweils ein Sieg fest einge­plant ist.

Samstag

Stark besetzt wollen die Schach­freunde die Sache klarmachen, aber es ist kompli­zierter als erwartet.

Brett 1, Niclas Huschenbeth – Kacper Piorun: Nach 2 Minuten haben beide Spieler 8 min mehr auf der Uhr und schon 16 Caro-Kann-Züge runter­geblitzt. Auch an 2 kommt Caro-Kann aufs Brett. Jacek Tomczak mit Weiß opfert in der Durch­zugs­va­riante gegen Sebastian Bogner seinen e5-Bauern für scharfes Spiel. Seinen Gegner kostet das Ganze viel Zeit – im prakti­schen Sinne ganz sicher eine gute Wahl von Jacek. An Brett 3 spielen Miguel Santos Ruiz und Wojciech Moranda ihre Vorbe­rei­tungen zu einem frühen Remis, mit dem Wojciech als Schwarzer nicht unzufrieden ist. Neuzugang Luca Moroni steht nachhaltig leicht besser, und bei Szymon Gumularz und Marco Baldauf stehen etwa ausge­gli­chene Positionen auf dem Brett.

Krzysztof spielt mal wieder eine wilde Partie, sehr spannend. Sein König steht arg luftig und der Gegner hat ein Läuferpaar, aller­dings hat Krzysztof ein stabiles Bauern­zentrum, das seinen König etwas vor dem Läuferpaar beschützt. Für’s Endspiel inter­essant ist sein d5, ein gedeckter Freibauer. Der Computer meint inzwi­schen, die Stellung wäre nahezu ausge­glichen. Thore Perske an Brett 8 hat leider recht schnell verloren. In einer italie­ni­schen Partie geriet er als Weißer zuerst am Königs­flügel, dann auf der d-Linie und schließlich am Damen­flügel unter Druck. Mit dem Damen­tausch im 16. Zug spielte er dabei seinem Gegner in die Hände und es gelang nicht, die Entwicklung abzuschließen und für die Springer gute Felder zu finden. Plötzlich fiel die ganze Stellung ausein­ander. Schade.

Nachein­ander remisieren unauf­geregt die Bretter 2, 1 und 6. Nur noch zwei Partien sind übrig, um wenigstens Ausgleich im Mannschafts­kampf zu erreichen. Krzysztof hat in unüber­sicht­lichem Gemetzel wieder mal besser durch­ge­sehen und eine Qualität gewonnen. Sein Gegner leidet schreck­liche Zeitnot, ist im 30. Zug – in aller­dings schon verlo­rener Stellung – bis auf 2 Sekunden „unten“. Es entsteht ein Endspiel D gg. T+L, das die wendige Dame klar für sich entscheiden dürfte. Kann Luca Moroni, der starken Druck auf den gegne­ri­schen König ausübt und zudem einen Mehrbauern hat, gewinnen und so doch noch einen knappen Sieg für die Schach­freunde sicher­stellen?

Nach dem Damen­tausch ist leider der meiste Dampf raus, es ist ein schwer einschätz­bares Endspiel entstanden.

Stellung nach dem 43. schwarzen Zug

Luca kämpfte noch eine Weile und es ergab sich im um den 50. Zug noch mal eine versteckte Chance auf Vorteil, aber es reichte nicht, zumal seine Bedenkzeit auch recht knapp wurde. Dann lieber das Unent­schieden für die Mannschaft absichern.

So sieht der Endstand aus:

BCA Augsburg, die Gegner am Sonntag, haben heute Dresden besiegt und dürften mit einigem Selbst­ver­trauen gegen die Schach­freunde antreten. Hat der vollständige Verzicht auf Alkohol zum Abend­essen bei den Spielern etwas gebracht? Bleiben Sie gespannt!

 

Sonntag

Die Aufstellung zeigt keine Überra­schungen: alles wie am Vortag.

Wieder ein Schnell­start an Brett 1: Kacper blitzt die Eröffnung runter, hat eine asymme­trische Stellung erreicht, kurio­ser­weise ist fast die gesamte d-Linie vollge­stellt. Weiß hat das leichtere Spiel, Schwarz muss sich noch fertig entwi­ckeln, er hat zudem einen Isolani zu beschützen. Das sieht nach langem Kampf aus.

Jacek an Brett 2 inves­tiert schon nach 8. g4 über zehn Minuten. Ganz große Hoffnungen setze ich in Wojciech. Er spielt 3. Sd2 in der Franzö­si­schen Vertei­digung gegen Michail Prusikin und ich erinnere mich zu gut, wie er mir mal – desil­lu­sio­nierend! – die Nachteile der franzö­si­schen Vertei­digung für Schwarz geballt vor Augen geführt hat. Also wird ihm wohl gefallen, was er da auf dem Brett hat und ich drücke die Daumen.

Luca Moroni hat es als Schwarzer mit der spani­schen Abtausch­va­riante zu tun. Auch hier sind entspre­chend Ungleich­ge­wichte in der Stellung und das entstandene Endspiel ist sehr tief ausana­ly­siert. Wer kennt sich hier besser aus?

Zwei Stunden Weihnachts­markt und 20 Minuten Stehen vor verschlos­sener Tür später ist viel passiert. Kacper, Luca, Marco und Thore haben schon remisiert, die übrigen Bretter stehen gut bis wesentlich besser.

Nach gut drei Stunden spielen nur noch Krzysztof (gewann wenig später - mit 2 aus 2 ein maximal erfolg­reiches Wochenende für ihn!), Jacek, Wojciech und Szymon (stehen vermutlich alle besser). Szymon muss ab Zug 30 mit unter einer Minute spielen. Doch die zu erwar­tenden Resultate aus all diesen guten Stellungen lassen Mannschafts­leiter Lars trübe drein­blicken. Jacek muss sich irgendwo verrechnet haben und hat plötzlich ein Endspiel mit beider­seits S+T auf dem Brett, aller­dings zwei Bauern weniger (!). Ob er das hält? Wojciech remisiert (er hatte eine Qualität für einen Bauern gewonnen und schien mit f4, g4, f5 einen durch­schla­genden Plan zu verfolgen. Doch nach dem Damen­tausch verflachte die Stellung schnell ins Remis. Es steht 3,5 zu 2,5 für die Schach­freunde, aber an den beiden verblie­benen Brettern ist insgesamt zwischen 0 und 1,5 Punkten alles drin. Lars muss mal eben raus, Mut tanken.

Szymon wird weiter geprüft, er steht inzwi­schen kritisch und auch nach der Zeitkon­trolle bleiben die Zeitpro­bleme.

Jacek hatte immerhin etwas Kompen­sation: alle seine Figuren stehen aktiv und Weiß verlor schnell seinen c-Bauern. Nach dem Turmtausch wurde klar, dass das Remis und damit ein Unent­schieden für die Mannschaft gesichert ist. Jacek konnte aufatmen, war aber mit dem Resultat nach dem Partie­verlauf natürlich nicht zufrieden.

Szymon denkt sehr lange nach und findet eine gute Ressource. Er kann eben doch 50. Lxh5 spielen, gefolgt von Le2 und Weiß hält nicht nur den schwarzen b-Bauern auf, er hat nun sogar einen entfernten Freibauern! Sogleich griff sein Gegner mit 51. ... La2 fehl.

Szymon gewinnt, aber er quält die Zuschauer mit seiner Zeitver­waltung. „That is bad for the heart of the spectators“, sagte Krzysztof zutreffend.

Das 5:3 sieht nicht so knapp aus wie es tatsächlich war. Trotzdem ist es ein verdienter Sieg der Schach­freunde an diesem Sonntag. Mit insgesamt 3 Mannschafts­punkten gegen den Abstieg kann die Mannschaft insgesamt recht zufrieden sein. Reise­partner Dresden machte übrigens nur einen Mannschafts­punkt gegen Augsburg und München zusammen und war bitter enttäuscht.

Alle Partien können hier nachge­spielt werden. Vielen Dank an Bengt und Lars für die vielen Bilder.

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