Spannendes Finish in Potsdam
Sonntag, gegen 16.30h in einem kleinen Raum in Potsdam:
Absolute Stille. Die Blicke der Zuschauer schweifen vom Brett auf die Uhr, die nur noch wenige Minuten für beide Kontrahenten anzeigt, weiter umher im Raum zu den anderen Kiebitzen und wieder zurück.Die Spannung in der Luft ist kaum zu übersehen und ich überlege kurz der Gesundheit zu Liebe, rauszugehen und mir dann einfach das Ergebnis berichten zu lassen.
Es läuft die letzte Partie unseres Mannschaftskampfes, es steht Unentschieden und diese Partie wird über den Ausgang des gesamten Mannschaftkampfes entscheiden. Nur noch wenige Figuren auf dem Brett, trotzdem noch sehr viel Taktik möglich, ich sehe abwechselnd Gewinne für beide Seiten und erblicke gleich neue Möglichkeiten, eine Stellung um stundenlang herumzuanalysieren, die beiden Spieler haben dafür aber nur noch wenige Minuten. Udo muss seinen Turm ziehen, da sein Gegner eine Umwandlung nebst Springergabel droht, die Zeit läuft runter auf unter eine Minute. Nach bangen Momenten hebt Udo endlich seinen Turm an und ich hoffe, er landet auf dem richtigen Feld, da es auch einige verlockende gibt die aber leider im Verlust enden.....
Doch zunächst der Reihe nach. An einem schönen Sonntag Vormittag ging es für unsere 2. Mannschaft in Potsam bereits am 2. Spieltag um einiges, da der Gegner Empor wohl zu den Hauptkonkurrenten im Abstiegskampf zählen wird, zumindest DZW-technisch. Der Spielort ist sehr schön direkt am Heiligen See gelegen, zusammen mit der studentenfreundlichen Startzeit von 11:00h in Liga 2 war alles für einen spannenden Spieltag gerichtet. Als mir unser Neuzugang Jens Kretzschmann dann noch erzählte, dass er bisher noch nie mit seinen Mannschaften in Potsdam verloren hatte, schien mir, als könnte es heute wirklich klappen.
Der übliche erste Rundgang nach etwa einer halben Stunde trübte die Laune ein wenig, da Felix an Brett 3 bisher zwar schon 3 Figuren entwickelt hatte, dafür aber erst einen Bauern auf g5 stehen hatte während sein Gegner das Zentrum voll besetzt hatte, das sah schon ein wenig bedrohlich aus. Martina an Brett 8 hatte eine scharfe Variante im Königsinder, die ich nicht wirklich einschätzen konnte, auf den ersten Blick sah mir das ganze allerdings nicht geheuer aus. An allen anderen Brettern war wenig los, ich selber fühlte mich wohl, da ich in einem Neo-Grünfelder ziemlich bequem stand als Weißer mit klarem Plan.
Zuerst musste leider Jens die Segel streichen, bei ihm habe ich wenig mitbekommen, es sah sehr ausgeglichen aus, allerdings hatte er wohl laut eigener Aussage einzügig etwas eingestellt, damit 0:1.
Neben mir an Brett 2 hatte Udo in einem Igel wie oft einen klaren Zeitvorsprung und schien ziemlich genau zu wissen was er da macht, allerdings stellte auch er etwas durch einen kleinen taktischen Trick ein. Es folgte ein Endspiel, bei dem er einen Turm gegen 2 Leichtfiguren hatte mit noch einigen Bauern, trotz seiner Zähigkeit schrieb ich diese Partie allerdings ab, wie so oft bei Udo kam es anders, dazu später mehr...
Martin an Brett 7 hatte einen Königsinder mit Se6 auf dem Brett, die beiden Protagonisten schienen sich gut auszukennen in der Theorie und landeten in einem Endspiel in dem Martin als Weißer zwar einen Bauern weniger aber deutlich mehr Aktivität hatte und sogar ein Remisangebot ausschlug.
Nach vielen Abtäuschen hatte der Gegner noch immer einen Bauern mehr im Läuferendspiel, was er allerdings fälschlicherweise für Remis hielt, da er kein Weiterkommen sah. 41....Lc5 sahen beide Spieler noch, nur dachte Schwarz der Weiße König würde einfach zwischen b3, c3 und b4 hinundherlaufen ohne Weiterkommen. Allerdings ist dieses Endspiel leicht gewonnen für Schwarz, Auflösung folgt am Schluß des Artikels !
Ich durfte dann an Brett 3 Ausgleich beisteuern !
Hier hatte mein Genger gerade Sf6 gezogen und sowohl Sg5 als auch Sf5 sahen beide verdammt gut aus. Ich entschied mich für 21. Sg5, da Sf5 weiter in der Luft liegt und nun fehlen der schwarzen Dame wichtige Felder auf e6 und f7. Auch mögliche Kombinationsmotive mit Blick auf h7 tauchen auf, insbesondere nach 21. ....Tad8 22. Dc2 was in der Partie folgte. Nun droht das hübsche 23.Dxh7+! Sxh7 24.Sg6+ nebst SxDe7+ mit Bauerngewinn und Dauerschachoption.
In Zeitnot machte mir mein Gegner allerdings ein Strich durch die Rechnung mit 22.... Td6, worauf ich schon fast trotzdem Dxh7+ ?? gezogen hätte, leider deckt der Turm von d6 das Feld g6 was ich noch rechtzeitig bemerkte. Schock verdaut, kurz aufs Brett geguckt und das natürlich viel einfachere und stärkere 23. Sf5 gezogen, was eine Qualität und am Ende damit auch die Partie gewann. 1,5 : 1,5!
Felix an Brett 4 musste bald darauf die Segel streichen, nachdem er sich ziemlich gut aus der misslungen Eröffnungen gekämpft hatte und sicherlich dem Ausgleich nahe war, konnte der Gegner sich doch noch Vorteil erarbeiten und verwerten.
Ungefähr zu der gleichen Zeit endete auch die Partie unseres Spitzenbrettes Christopher Nogly, seinen Königsinder habe ich zu keinem Zeitpunkt verstanden oder durchblickt, am Ende stand die Punkteteilung. Das gleiche Ergebnis gab es auch an Brett 5 bei Michail Chatzidakis. Auch bei seiner Partie habe ich wenig mitbekommen, es sah aus als wäre das Gleichgewicht nie sonderlich gestört worden sein.
Ganz anders bei Martina ! Die taktischen Komplikationen der Eröffnungen mündeten in einen Qualitätsgewinn für unser Brett 8, dafür bekam der Gegner einen Bauern aber es tauschte sich auch einig ab. Auch wenn einige Mannschaftskameraden zwischendurch Zweifel am Vorteil hatten, ich glaubte fest an den ganzen Punkt und wie so oft enttäuschte mich Martina nicht und steuerte nervenstark einen ganz wichtigen Punkt zum 3,5 : 3,5 ab !
Mittlerweile zeichnete sich bei Udo an Brett 2 ab, dass sein Gegner Probleme haben würde bei der Verwertung, die Bauern wurden weniger und der Turm immer stärker und aktiver, mittlerweile keimte wieder Hoffnung !
Udo kämpfte mit seinem Gegner als letzter, beide hatten mittlerweile große Zeitnot und kämpften mit 2-3 Minuten in einem schwierigen Endspiel.
Unser Topscorer der letzten Saison hatte immer noch seinen Turm + 2 Freibauern gegen Läufer+Springer+2 Freibauern, wobei beide Seiten jeweils einen sehr gefährlichen Freibauern hatte,nun waren alle Ergebnisse möglich. Udo hebt also seinen Turm in dieser Stellung an....
Es drohte d8D+ nebst der Springergabel auf f7, daher muss der Turm h6 verlassen. Tf6 wäre wohl die einzige Option gewesen um noch etwas zu kämpfen, allerdings sieht Houdini das als ausgeglichen an. Udos Turm landetet schließlich auf 1. ...Td6, um mögliche Umwandlungkombis zu verhindern. Der Gegner ließ nun die Zeit auf 30 Sekunden runterlaufen und fand 2.d8D+, worauf eine Springergabel folgte mit anschließendem friedlichen Hanschlag, da nur noch Läufer gegen Bauer auf dem Brett stehen 4:4!
Toller Kampfgeist von Udo, bei dem sich das Zugucken wie so oft gelohnt hat, zumindest wird es bei ihm selten langweilig !
Nun noch die Auflösung zu Martins Endspiel:
Weiß kann nicht verhindern, dass Schwarz Lc5, Ld4 und a5 spielt und somit muss der Weiße König von b3 aus weichen, worauf der schwarze König mit Gewinn über c4 eindringt. Auch ein Angreifen des a-Bauern rettet Weiß nicht, da Schwarz nach Läufertausch und Gegenangriff auf e3 in ein Damenendspiel überlenkt, dass leicht gewinnt mit 2 Mehrbauern !
Nogly - Penzold Remis Hoffmann - Neerforth Remis Jakobeit - Trenner 1 : 0 Noetzel - Schulz 0 : 1 Chatzidakis - Wuttke Remis Kretzschmann - Grottke 0 : 1 Kunze - Piersig Remis Skogvall - Bachmann 1 : 0
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