Sensation knapp verpasst

von am 12. November 2019 in ECC 2019, Nachrichten

Sensation knapp verpasst
So schön kann Vorbereitung sein! Von links: Henrik, Jan, Christoph, Rainer und Johannes

Hinten 2:0 und vorne dicht­halten - von diesem Plan ging leider nur der erste Teil auf. Hier können die Partien nachge­spielt werden. Die Gegner vom Montag waren von ihren ELO-Zahlen her ein Stück stärker, vor allem an den vorderen Brettern. Aber fangen wir hinten an.

Das Schweizer Brett 6 war der (früheren) Vorbe­reitung und Erinnerung sowie Rechen­kraft von Christoph nicht gewachsen. Schon nach knapp 10 Zügen stand dieser sowas von auf Gewinn, dass man sich nur noch die Augen reiben konnte. Sowohl Christoph als auch Jan Sprenger sagten mir später, das wäre Theorie, kann man kennen (sorry, ich kannte es nicht). Umso mehr hatte die Kiebitzin wohl Freude an diesem Massaker. 

Brett 5: noch ein voller Punkt, dieser aber etwas überra­schend, nachdem sich Jan in schwie­riger Stellung für seltsame Materi­al­ver­hält­nisse entschieden hatte (ein Kilo Leicht­fi­guren, zwei Bauern und Schwin­del­chancen gegen Dame, deplat­ziert stehenden Springer und ein Erliegen der weißen Dominanz). Aus prakti­schen Erwägungen eine hervor­ra­gende Entscheidung von Jan, denn der Gegner kam mit der plötzlich verän­derten Lage nicht klar und geriet in Zeitnot, spielte einige weiche Züge, und das reichte für Schwarz, um effektvoll und siegreich die Partie abzuschließen.

Brett 4: Henrik spielte eine Najdorf-Partie und hatte die Chance auf eine nachhaltig ausge­gli­chene oder leicht bessere Position mit dem schönen Zug 23. Ld5! gehabt. Danach hätte er einen Bauern gewonnen und dynamisch-gut gestanden. Doch die knapper werdende Zeit war wohl ausschlag­gebend, leicht zu sehen ist Ld5 nicht, doch alles andere (auch das gespielte a4) führen zu dauer­haftem leichtem Nachteil, den der Gegner verdichtete und verwertete.

Brett 3: Johannes spielte eine über weite Strecken ausge­gli­chene Grünfeld-Partie. Gut vorbe­reitet wusste er genau, wie er sich aufstellen will, harmo­nisch und vermeintlich ohne Schwächen. Doch sein Gegner spielte schließlich die Stärken seines Springers gegenüber dem weißfed­rigen Läufer aus. Wenige ungenaue Züge reichten und Weiß drang mit Dame, Turm und Springer in die schwarze Stellung ein. Plötzlich stand bei Weiß alles richtig und bei Schwarz alles falsch, wie in der Analyse prägnant gesagt wurde.

Springen wir zu Brett 1, einer Partie, die ich aus schwarzer Sicht kaum verstanden habe. Mit 6. e4 wird schon mal Öl ins Feuer gegossen, ein Bauern­opfer, das die Diagonale a2-f7 für die Damen-Läufer-Batterie erschließt (da bin ich noch dabei). 8. ... Sh6 (der Zug, der auch vom Computer empfohlen wird) lädt ein zu 9. Lxh6 gxh6 – Weiß gibt sein Läuferpaar auf und zerstört dafür die schwarze Bauern­struktur am Königs­flügel. Auf Dauer hat nun Schwarz zwei Probleme: Er muss kurz rochieren, in die geschwächte Struktur hinein, und wie auch immer seinen Damen­flügel entwi­ckeln. Die Summe der Probleme bei aufkom­mender Zeitnot, nachdem Emil zu Beginn sehr schnell gespielt hatte und offenbar noch in der Vorbe­reitung war, wurde schließlich zu groß.

Es stand also 2:3 gegen uns und Rainer spielte noch seine spannende Spanisch-Partie. Er tadelte später seinen Zug 22. c4, den sein Gegner á tempo mit c5 beant­wortete (angesichts der Komple­xität für mich völlig überra­schend, oder war das etwa noch Vorbe­reitung?). 22. c4 ist ein „Menschen-Zug“, auf der Suche nach Dynamik und in der Hoffnung, doch noch auf den vollen Punkt und ein Unent­schieden für die Mannschaft zu kämpfen. Das Remis schließlich geht für die Partie in Ordnung, für die Mannschaft steht damit eine knappe Niederlage auf dem Ergeb­nis­for­mular.

Das Losglück beschert uns in Runde 3 das Team Wasa SK aus Schweden sowie erneut den Saal 1, wo sich neben der Abordnung der Schach­freunde auch die Weltklasse versammelt (Spitzen­partie heute: Dominguez gegen Mamedjarov). Da ist das Zuschauen so spannend, dass man erst am Abend die Rücken­schmerzen vom vielen Herum­stehen spürt.

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1 KommentarKommentieren

  • Benjamin Schweitzer - 12. November 2019 Antworten

    Danke für die Berichte - habe zuhause am Rechner mitge­fiebert... Alles Gute für Runde 3!

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