Auftaktniederlage gegen Moskau
Die Schachfreunde nehmen zum achten Mal am Europapokal für Vereinsmannschaften teil - in diesem Jahre in der schönen spanischen Stadt Bilbao. Parallel findest des Grand-Slam-Finale statt. Mit Levon Aronian ist ein Ehrenmitglied der Schachfreunde in diesem Turnier mit dabei. Mit Ausnahme von Magnus Carlsen sind die ersten zehn Spieler der September-Weltrangliste vor Ort.
In der ersten Runde verloren die Schachfreunde erwartungsgemäß gegen Moskau. Das Resultat kann sich aber in Anbetracht des ELO-Nachteils sehen lassen:
6 | Schachfreunde Berlin (32) | 1.5 | 4.5 | SHSM (6) | ||
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6.1 | 2434 | Lauber, Arnd | ½ | ½ | Dreev, Aleksey | 2662 |
6.2 | 2446 | Abel, Dennes | 0 | 1 | Grachev, Boris | 2673 |
6.3 | 2426 | Polzin, Rainer | 1 | 0 | Najer, Evgeniy | 2646 |
6.4 | 2271 | Lundin, Jan | 0 | 1 | Dubov, Daniil | 2614 |
6.5 | 2280 | Nogly, Christoph | 0 | 1 | Popov, Ivan | 2627 |
6.6 | 2268 | Wintzer, Joachim, Dr. | 0 | 1 | Potkin, Vladimir | 2610 |
Nach langer Zeit mal wieder war die Aufstellung der Mannschaft der SF Berlin so schwach (oder die anderen waren so stark), dass wir in der unteren Hälfte des Tableaus gelandet sind. D. h., dass uns in der ersten Runde nicht Fallobst vorgesetzt wurde, sondern dass wir selber das Fallobst waren.
Prognosen eine Woche vor Beginn der Veranstaltungen sahen uns an Tisch 4 oder 5 gegen den Titelverteidiger Novi Bor aus der Tschechischen Republik oder gegen St. Petersburg spielen, denen wir bei deren Titelgewinn 2012 in Rogaska Slatina durch ein 0-6 wertungstechnisch geholfen haben.
So richtig falsch lagen wir damit nicht, trafen wir doch an Tisch 6 gegen SHSM Moskau an. Von denen wurde auch unsere „Fallobst“-Einschätzung geteilt, ließen sie doch ihre Top-Bretter Nepomniachtchi und Morozevich – beide mit Elo über 2700 – ruhen. Trotzdem hatten sie an allen Brettern mindestens 250 Elo-Punkte Vorteil. Dass sollte doch immer noch zu einem 6-0 reichen, oder?
An den drei hinteren Brettern lagen sie damit auch völlig richtig. Jan Lundin an Brett 4 musste als erster die Segel streichen. Er kam aus der Eröffnung mit einer unangenehm zu spielenden Stellung heraus und wurde systematisch unter Druck gesetzt, wonach ein Bauer nach dem anderen fiel.
Unter Druck stand auch Joachim Wintzer an Brett 6, was er aber in seinem geliebten Stonewall-Holländer auch gewohnt ist. Nur spielt er halt nicht täglich gegen einen ehemaligen Europameister wie GM Potkin. Der Druck nahm nicht ab und schließlich übersah Joachim ein Springerofper auf c6, wonach die weißen Freibauern auf der c-Linie den Tag entschieden.
Nur wenige Sekunden später strich auch Christoph Nogly die Segel, was er laut Stellung aber auch schon viel früher hätte tun können. Sein Anti-Grünfeld-Indisch Eröffnungsexperiment ging gründlich daneben.
Viel besser lief es an den drei Spitzenbrettern, die wir mit 1,5-1,5 unentschieden halten konnten. Und es war sogar noch mehr drin. An Brett 1 spielte Arnd Lauber gegen den ehemaligen WM-Kandidaten Alexey Dreev. Die Vorbereitung war leicht, da Dreev seit gefüht 100 Jahren immer das gleiche spielt, nämlich Halbslawisch. Arnd wählte einen sehr soliden Aufbau und fühlte sich auch sehr wohl, als Dreev völlig überraschend mit e6-e5 einen Bauern opferte.
Ob er sich dazu genötigt sah, weil er seine Stellung sonst als zu passiv ansah oder ob es ein Gewinnversuch war, wissen wir nicht. Jedenfalls konnte Arnd die danach aktiv werdenden schwarzen Türme leicht abtauschen und hatte im Läufer- und Springerendspiel einen Mehrbauern. Allerdings war die Bauernmajorität des schwarzen am Damenflügel sehr aktiv und er weiße Bauer auf a2 sehr schwach. So hatte Schwarz wohl immer genug Gegenspiel, um den weißen Mehrbauern zu kompensieren.
Hart am Remis war auch Dennes Abel. Und dass, obwohl er zum Schluss einen Springer und Bauern weniger hatte! In der Zeitnotphase konnte er aber nicht mehr alle Feinheiten durchschauen und musste sich dann doch geschlagen geben.
Den Siegpunkt für uns steuerte Rainer Polzin gegen GM Evgeny Najer bei. Letzterer spielte in klassischer Kaffeehaus-Manier: schwarzer Bauer nach h4, Th8-h6-g6 und dann noch die Dame nach g5 und matt drohen auf g2! Das alles ließ sich mit Kh1 und Tg1 leicht decken und Rainer dachte, dass er großen Vorteil hätte. Unsere menschliche Abendessen-Analyse bekräftigte dies, die computergestützte Analyse sah aber noch gehörige Ressourcen für Schwarz.
In der Zeitnotphase geschahen dann aber unglaubliche Sachen. Als Rainer quasi mit der Aufgabe seines Gegners rechnete, opferte dieser aus heiterem Himmel einen Springer auf f3! Nach der folgenden Abwicklung kam es zu einem Springerendspiel mit einem Mehrbauern für Rainer, dass entgegen dem ersten Eindruck gar nicht mal so klar – wenn überhaupt – gewonnen ist.
Als Rainer dann auch noch das seine Bauernstruktur zerstörende f3 übersah, war die Stellung trotz zweier Mehrbauern Remis. In hochgradiger Zeitnot bot er dieses auch an, aber es wurde abgelehnt. Die Stellung blieb im Gleichgewicht, auch nach dem Durchbruch b4, den Schwarz übersehen hatte. Der entscheidende Fehler von Schwarz war Kb5. Danach lief alles wie am Schnürchen.
In der zweiten Runde geht es gegen die dänische Mannschaft von Bronshoj Skakforening.
Der Link zur Turnierseite: http://europeanchessclubcup2014.com/
Die Partien (die Abel-Partie ging noch 30 Züge länger, wird noch vervollständigt!):
Impressionen:
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