Rache ist Blutwurst
Sicheres 6:2 der Zweiten gegen König Tegel II: Nachdem es in den Duellen der ersten und fünften Mannschaften der SF Berlin und von König Tegel für die Schachfreunde zwei knappe 3,5-4,5 Niederlagen gab, gingen wir mit entsprechenden (von „oben“ angeordneten) Rachegelüsten in den Kampf der „Zweiten“. Das resultierende 6-2 war ungefährdet, vielleicht etwas zu hoch. Vor allem aber war „Oben“ zufrieden. Am 4. März wird im Duell der beiden 3. Mannschaften der saisoninterne Vereinsvergleich entschieden.
Da der Berichterstatter doch ziemlich mit seiner eigenen langen und komplizierten Partie beschäftigt war sind die folgenden Einschätzungen vollkommen ohne Gewähr:
Als erstes endete die Partie an Brett 1 zwischen Jan Wendt und Stephan Giemsa remis. Das Wolga-Gambit von Jan lehnte Stephan mit Sd2 ab. Nach Damentausch (Anm. d. Red.: die Damen waren bei Partieende noch auf dem Brett, also nur „gefühlter Damentausch“) und Verrammlung mit e5 wurde viel hin und her laviert (gefühlt spielte Jan 3x den Springer von f6 nach h5 und wieder zurück (Anm. d. Red.: de facto aber nur 2x)). Das Gleichgewicht wurde dabei aber nie gestört.
In Führung schoss uns unser finnischer Neuzugang Rauno Jarvinen am 8. Brett. In einer Englischen Eröffnung hat er ziemlich souverän einen Bauern und dann die Partie gewonnen.
Kurz nach der Zeitkontrolle erhöhte unser zweiter Nordmann Jan Lundin auf 2,5-0,5. Gegen den ehemaligen Schachfreund Kristian Dimitrijeski spielte er – natürlich – die schwedische Variante in der Tarrasch-Verteidigung (mit Lb4 und Sge7). Nach dem 40. Zug sah es eigentlich nach Remis aus (D+S gegen D+L bei gleichen Bauern und beiderseits offenen Königen). Als ich das nächste Mal vorbei kam war es ein Bauernendspiel mit zwei Mehrbauern für Jan ...
Inzwischen war auch die einzige kritische Partie für uns glücklich remis ausgegangen. Robert Glantz stand gegen die Jänisch-Variante von Frank Niehaus – noch ein Ex-Schachfreund – ziemlich verdächtig. Frank hatte die offene h-Linie, einen Springer auf f4, die Dame vor dem weißen König etc. Die „Kompensation“ von Robert war ein eigener (!) isolierter Doppelbauer auf der a-Linie.
Hoch her muss es in der Zeitnotphase von Joachim Wintzer und Sascha Lorenz am dritten Brett gegangen sein. Joachim erreichte mit seiner Englischen Eröffnung die deutlich leichter zu spielende Stellung. Irgendwann sah sich Sasche genötigt, auf g4 einen Springer für zwei Bauern zu opfern. Dafür wälzte sich aber auch eine Bauernlawine auf den weißen König zu. Hinzu kam bei beiden gehörige Zeitnot (Hinweis an Joachim: wolltest Du daran nicht arbeiten?). Nach der Zeitkontrolle war das Material plötzlich wieder ausgeglichen. Die weiße Stellung war zwar immer noch leicht vorteilhaft, aber wohl nicht mehr zu gewinnen.
Interessant war auch die Zeiteinteilung an Brett 6 zwischen Stefan Brettschneider und Fabian Jahnz. In einer Art verzögertem abgelehnten Königsgambit (1.e4 e5 2. Lc4 Sf6 3. d3 Lc5 4. Sc3 0-0 5.f4 d6) hatten beide nach ca. 13 Zügen keine halbe Stunde mehr auf der Uhr. Irgendwie irgendwo irgendwann gewann Stefan einen Bauern, den er nach der Zeitkontrolle in einem Endspiel mit jeweils drei Leichtfiguren sicher verwertete.
Meine eigene Partie an Brett 5 gegen Clemens Escher (ja, auch er ein ehemaliger Schachfreund) war kurz vorher siegreich zu Ende gegangen. Im Dc2-Nimzoinder wiederholte ich eine Variante, mit der ich kürzlich beim European Club Cup gegen einen 2600er GM verloren habe. Es kam zu einem hochkomplexen Mittelspiel, in dem sich die jeweiligen strukturellen Mängel und unterschiedlichen Aktivitäten der Figuren mehr oder weniger die Waage hielten. In der Phase zum 40. Zug sah sich Clemens zu einem Bauernopfer genötigt, das aber durchaus sehr gute Kompensation gab – die strukturelle weiße Schwäche war weg, seine Figuren noch aktiver und meine passiver. Dazu noch ein offener schwarzer König. Langsam (und gar nicht sicher) konnte ich meine Figuren aktivieren. In der zweiten Zeitnotphase unterlief Clemens dann der entscheidende Fehler.
„Komisch“ aus meiner Sicht verlief die Partie von Christian Kurz an Brett 7 gegen Fabian Gallien. Gegen den weißen Trompovsky-Stonewall-Aufbau (Lg5 nebst e3 und f4) hat sich Christian sehr geschickt aufgebaut (u. a. mit g5). Bei einem meiner Rundgänge sah ich dann eine halboffene e-Linie und ein weißer Bauer auf e3 fühlte sich sichtlich unwohl. Als ich irgendwann wieder vorbei kam war aus dem Kleinbauern aber ein Großgrundbesitzer (sprich: gedeckter Freibauer) auf e5 geworden. Der war durch einen Springer aber zuverlässig blockiert und der Druck auf d4 und die Beherrschung der c-Linie sprachen immer noch für Schwarz. Allerdings war der weiße Bauer auf d5 auch nicht gerade ein Schmuckstück. Es wurde dann mehr und mehr abgetauscht und trotz Mehr(doppel)bauer für Christian endete die Partie remis.
Die „üblichen“ 3,5 Punkte der Bretter 4-8 wurden diesmal mit 2,5 Punkten von 1-4 gut unterstützt. Herausragend in dieser Saison bisher: Stefan Brettschneider mit 4 aus 4.
In der nächsten Runde geht es gegen den Tabellenführer SC Kreuzberg um die letzte theoretische Aufstiegschance. Das wird sehr schwer, haben die Kreuzberger in der ganzen Saison doch noch keine einzelne Partie verloren.
SF Berlin II 6 : 2 SK König Tegel II 1 Jan Wendt ½ : ½ Stephan Giemsa 3 3 Joachim Wintzer ½ : ½ Sascha Lorenza 4 4 Jan Lundin 1 : 0 Kristian Dimitrijeski 5 5 Robert Glantz ½ : ½ Frank Niehaus 6 7 Christoph Nogly 1 : 0 Clemens Escher 7 8 Stefan Brettschneider 1 : 0 Fabian Jahnz 8 10 Christian Kurz ½ : ½ Fabian Gallien 11 11 Rauno Järvinen 1 : 0 Dirk Maxion 16