Mal gucken, was geht

von am 11. November 2017 in Nachrichten

Mal gucken, was geht
Dennes Abel hat an diesem Wochenende 1,5 Punkte beigesteuert.

Dies wird wohl ein eher hartes Wochenende für die 1. Mannschaft der Schach­freunde. Das fängt schon mit der Anreise an. Aachen. Ziemlich weit weg für die meisten. Und dann die Gegner, die SG Solingen, der Deutsche Meister des Vorjahres. Er bringt an fast allen Brettern zwischen 150 und 200 ELO-Punkte mehr mit. Oder: Im Schnitt spielen hier 8 GM gegen 8 IM. Psycho­logen würden sagen, die Schach­freunde stehen vor einer Heraus­for­derung. Mal gucken, was geht.

Alle Partien können wie immer live verfolgt werden unter http://schachbundesliga.de/liveportal

3. Runde: Schach­freunde gegen SG Solingen

Schachfreunde Berlin   3½ :  4½  SG Solingen

Mista, Aleksander      ½  :  ½   Harikrishna, Pentala
Schneider, Ilja        ½  :  ½   Ragger, Markus
Baldauf, Marco         1  :  0   Van Wely, Loek
Abel, Dennes           ½  :  ½   Ganguly, Surya Shekhar
Seyb, Alexander        ½  :  ½   Smeets, Jan
Schmidek, Emil         0  :  1   Nikolic, Predrag
Lauber, Arnd           ½  :  ½   Sandipan, Chanda
Thiede, Lars           0  :  1   Naumann, Alexander

Die Eröff­nungs­phase kann man schon mal als Erfolg verbuchen. Alle Bretter stehen ausge­glichen gut da. Noch haben die Gegner ihre ELO-Übermacht nicht auf die Schiene gebracht. Das zeugt vermutlich von guter Vorbe­reitung der Schach­freunde. Auch der Zeitver­brauch ist in etwa paritä­tisch: Marco und Dennes haben wesentlich mehr Zeit als ihre Gegner inves­tiert, ebenso wie die Solinger Jan Smeets und Alexander Naumann.

Spannend das Geschehen am Spitzen­brett: Aleksander hat sich zum Grand-Prix-Angriff aufge­stellt und man darf auf die demnächst einset­zende weiße Attacke am Königs­flügel (und die schwarze Entgegnung) gespannt sein. Sehenswert auch, wie sich Emil gegen Predrag Nikolic in die Schlacht wirft. Noch ist auch an den anderen Brettern alles aussichts­reich und gut.

Nun sind schon mehr als zweieinhalb Stunden gespielt. Einzig bei Dennes sieht es nicht ganz so gut aus. Im Endspiel hat er T+S+L gegen T+L+L bei gleicher Bauern­anzahl. Zwar konnte Schwarz die Bauern­masse am Königs­flügel auflösen, aller­dings ist das gegne­rische Läuferpaar inzwi­schen aufgrund der entstan­denen Freiräume extrem stark geworden. Vielleicht gelingt es Dennes ja, alles zusam­men­zu­halten. Nach 23. ... Kc8 ist jeden­falls noch nicht konkret zu sehen, wie Weiß voran­kommen will.

Sehr, sehr gut gefällt mir auch die Stellung von Marco, die aus der königs­in­di­schen Vertei­digung (Sämisch) mit 6. ... c5 entstanden ist. Mit 20. ... h4 hat sich sein Gegner eine dauer­hafte Bauern­schwäche zugelegt, während Marco den schwarzen Hebel c4 im Griff hat. Schwarz hat zudem eine luftige Königs­stellung und bestimmt wird Marco etwas Gutes draus machen.

Ilja steht etwas defensiv, aber stabil. Die Partien von Alexander (Brett 5) und Arnd sehen sehr nach Remis aus. Dennes hat bestimmt eine gute Entscheidung getroffen. Er opferte einen Bauern, dafür musste der Gegner sein Läuferpaar aufgeben. Nun haben beide Gegner Turm und schwarz­feld­rigen Läufer, die Partie sieht inzwi­schen haltbar aus.

Die Übertragung scheint ausge­fallen zu sein. Immerhin kann man unter liveschach-schau.de die Partien weiter­ver­folgen. Und da zeichnet sich ein kleiner Triumph im Kampf zwischen David und Goliath ab!

Aleksander, Alexander und Ilja haben schon remisiert, Emil hat verloren (wohl v.a. wegen subop­ti­maler Zeitein­teilung) und Marco wird gewinnen (eine ganz starke Partie). Alle restlichen Stellungen scheinen sich in der Remis­breite zu bewegen. Ein 4:4 gegen den deutschen Meister und das in einer Aufstellung, die wohl davon ausging, die Schach­freunde hätten gegen Solingen eh keine Chance, wäre sensa­tionell! Von Rainer war telefo­nisch sogar zu vernehmen: „Wenn das hier Unent­schieden endet, kann Weihnachten kommen.“

18.30 Uhr: Es spielen nur noch Dennes und Lars. Beide Partien stehen etwas schlechter (Dennes hat ja einen Bauern weniger, der aber blockiert ist, Lars’ Doppel­bauer fällt hingegen kaum noch ins Gewicht), sollten aber bei nerven­starkem Spiel und mit ein bisschen Glück Remis ausgehen. Es ist aber in beiden Partien noch Präzision und viel Rechen­arbeit vonnöten - hoffentlich haben Dennes und Lars noch Kraft­re­serven.

Dennes spielt lauter starke Züge. Nerven­auf­reibend ist die Partie für den Kiebitz trotzdem, weil vorge­rückte gegne­rische Freibauern aufge­halten werden wollen und der eigene Freibauer inzwi­schen auch schon auf a4 steht. Dennes muss die Uhr im Auge behalten, sein Gegner spielt sehr schnell. Lars’ Springer auf e6 ist ein Fels in der Brandung und hält alles zusammen. Wie sein Gegner voran­kommen will ist noch nicht zu sehen.

Zwei nackte Könige und damit Remis bei Dennes! Und nun lastet aller Druck auf Lars. Die Schrei­berin geht jetzt erst mal essen, zum Selber­kochen bin ich heute nicht gekommen. Lars, halt’ durch!

21.30 Uhr: Der Gänse­braten liegt mir schwer im Magen. Lars hat es nicht geschafft. Sein Gegner Alexander Naumann hat raffi­niert ein paar letzte Manöver versucht und (absehbar) den Bauern auf a5 aufs Korn genommen. Lars hätte aktiv dagegen spielen müssen, sagt ganz lässig die Engine (66. ... Sg5), die Partie ist in dieser späten Phase aller­dings ein Pulverfass mit zwei agilen Springern und Freibauern auf beiden Flügeln.

Sehr schade. Trotzdem: Die Schach­freunde haben heute ein fettes Ausru­fe­zeichen gesetzt. Auch die Gegner am morgigen Sonntag sind nominell an jedem Brett stärker. Dass das aber rein gar nix bedeuten muss, haben wir heute gesehen. Gute Nacht, morgen ist ein neuer Tag, und seid nicht zu traurig.

4. Runde: Schach­freunde gegen DJK Aachen

Wird es heute wieder einen Krimi geben? Der gastge­bende Gegner hat ja in der Samstags­runde auch einige Nerven gelassen. Dafür, dass gegen Solingen sowieso kein Punkt einge­plant war, hat die Unter­haltung aber auf jeden Fall funktio­niert.

Schachfreunde Berlin   3½  :  4½  DJK Aachen

Mista, Aleksander      0  :  1   Iturrizaga Bonelli, Eduardo
Schneider, Ilja:       ½  :  ½   Bindrich, Falko
Baldauf, Marco         ½  :  ½   Handke, Florian, Dr.
Abel, Dennes           1  :  0   Zaragatski, Ilja
Seyb, Alexander        ½  :  ½   Burg, Twan
Schmidek, Emil         0  :  1   Swinkels, Robin
Lauber, Arnd           ½  :  ½   Hoffmann, Michael
Thiede, Lars           ½  :  ½   Santos Ruiz, Miguel

Fangen wir heute mal von hinten an. Lars spielt eine Art Igel mit Weiß (so sieht das jeden­falls momentan aus, vielleicht wird ja noch ein Tiger draus). Bestimmt hat die Schrei­berin ja auch naive Vorstel­lungen davon, wie man auf dem Niveau eine Partie gegen einen starken Gegner anlegt, aber sich mit Weiß so defensiv aufzu­stellen verwundert mich einfach. Nach nur eineinhalb Stunden sieht man eine total remise Stellung: symme­trische Bauern­struktur, gleich­farbige Läufer, eine offene Linie, auf der sich die gegne­ri­schen Türme gegen­über­stehen. Einziger weißer Vorteil: 40 min mehr auf der Uhr.

Arnd an Brett 7 hat wieder Nimzo­in­disch gespielt und eine gute Stellung mit freien aktiven Leich­fi­guren und besserer Bauern­struktur erreicht. Das weiße Läuferpaar kommt (noch) nicht zur Geltung und vermutlich steht Schwarz etwas besser.

Emils Mittel­piel­stellung sieht aussichts­reich aus. Mit g7-g5 hat sein Gegner Robin Swinkels zwar Raum am Königs­flügel gewonnen, dafür aber den Schutz seines Königs gelüftet. Weiß spielt nun auf den Öffnungszug d3-d4 hin. Viel besser als gestern auch der Zeitver­brauch (Restzeit nach 16 Zügen Emil 1:05, Gegner 38 min).

Klar besser steht Alexander gegen Jan Smeets. Hier sind wir schon im Endspiel, beide haben T+T+ weißfeld­rigen Läufer. Aller­dings hat Alexander die klar bessere Bauern­struktur am Königs­flügel. Daraus müsste er eigentlich Kapital schlagen können, je weniger Material auf dem Brett verbleibt.

Auch Marco ist schon im Endspiel, das sieht remislich aus. Iljas Partie ist für mich als Hobby-Spieler schwer verständlich. Ich werde mal in der Datenbank nachgucken.

Vielleicht etwas mehr vom Spiel und dazu wesentlich mehr Zeit auf der Uhr hat Aleksander an Brett 1 gegen den starken GM mit dem imposanten Namen Eduardo Iturrizaga Bonelli.

Zwei Remisen an den Brettern 2 und 8. Auch Ilja hat mit Weiß eine Art Igel gespielt - gibt es da Paral­lelen? Soll man gratu­lieren? Und noch eine Remise bei Alexander. Dieses Remis verstehe ich am aller­we­nigsten. Schwarz hat einen ganzen Bauern mehr! Nach 27. Tgd1 Le8 scheint die Stellung stabi­li­siert und Schwarz kann seine Damen­flügel-Bauern in Marsch setzen und Linien öffnen. Oder ist dies zu sorglos gedacht?

Jetzt kapier ich: Die Früh-Remis-Spieler haben auf Emil gesetzt! Denn besonders spannend und aussichts­reich ist es an Brett 6 nach dem 22. Zug. Emils König scheint gut genug geschützt, derweil seine Dame von einem Ausflug am Damen­flügel einen Bauern mitge­bracht hat. Einen ganzen Mehrbauern! Die Engine freut sich und springt auf +1,0. Doch vor dem Endspiel kommt der schwarze Königs­an­griff, und hier muss Emil viel rechnen und dabei auf seine Zeit aufpassen.

Ein weiteres Remis an Brett 7. Es steht 2:2, was den bisher ausge­gli­chenen Kampf gut abbildet.

14 Uhr: Emils Stellung ist gekippt. Er hat den gefähr­lichen Springer auf f6 nicht abgetauscht, und der schwarze Angriff rollte dann über ihn hinweg, wobei Emil bei immer knapper werdender Zeit nicht die bestmög­lichen Vertei­di­gungszüge fand. Sehr schade. Aleksander hat leider auch verloren, irgendeine Taktik muss schief­ge­gangen sein. Ein wenig Trost spendet Dennes, der gegen Ilja Zaragatski im Endspiel T+L gegen T+L unmit­telbar vor dem Gewinn steht. Zuvor hatte es ein Wettrennen der Bauern­ketten - Weiß am Königs­flügel, Schwarz am Damen­flügel - gegeben. Hier war Weiß erfolg­reich, weil sein König viel aktiver war und Dennes mithilfe der voran­schrei­tenden Bauern Mattdro­hungen aufstellen konnte. Sehr kraftvoll!

Marco erreicht in seinem Turmend­spiel, das keine Gewinn­chancen - weder für ihn noch seinen Gegner - mehr bietet, ein Remis, und damit geht auch dieser Kampf wieder knapp mit 3½:4½ verloren.

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