Keine Sensation gegen Baden-Baden

von am 6. Februar 2016 in Berichte zur 1. Bundesliga, Schachbundesliga

Keine Sensation gegen Baden-Baden
Tolle Stimmung vor der Partie. Von links: Mannschaftsleiter Lars Thiede, Ilja Schneider, Marco Baldauf, Kacper Piorun (in Fluglaune), Dr. Jan Sprenger, Hrant Melkumyan, Stephan Berndt, Daniyyl Dvirnyy, Oberorganisator Rainer Polzin und Martin Krämer.

Die Schach­freunde treffen im Willy-Brandt-Haus auf die mit Abstand stärkste Mannschaft der Bundesliga. Angesichts der ELO-Übermacht an allen Brettern geht es im wesent­lichen darum, sich gut zu verkaufen und für das morgige Match gegen Bayern München warmzu­spielen. Die Mannschaften sind mit folgender Aufstellung angetreten:

Schachfr. Berlin   3½ : 4½  OSG Baden-Baden

Melkumyan, Hrant    ½ : ½   Kasimdshanov, Rustam
Krämer, Martin      1 : 0   Bacrot, Etienne
Schneider, Ilja     0 : 1   Vallejo Pons, Fr
Piorun, Kacper      ½ : ½   Naiditsch, Arkadij
Dvirnyy, Daniyyl    ½ : ½   Movsesian, Sergej
Dr. Sprenger, Jan   ½ : ½   Nielsen, Peter Heine  
Berndt, Stephan     0 : 1   Meier, Georg     
Baldauf, Marco      ½ : ½   Philipp Schlosser

Nach zweieinhalb Stunden haben alle in ihre Partien gefunden, manche auch schon fast wieder raus. Optimis­tisch stimmt die Position von Kacper, der mit Weiß einen heftigen Druck auf den unrochi­erten König seines Gegners entfaltet. Nicht so gut steht Ilja, die übrigen Bretter haben in etwa gleich­wertige Positionen. Aller­dings ist der Bedenk­zeit­vorrat bei Daniyyl und besonders Stephan bedrohlich geschrumpft.

Im Analy­seraum kommen­tiert Rainer Polzin die zeitver­setzt übertra­genen Partien. Viel sachkun­diges Publikum aus allen möglichen Berliner Vereinen folgt den Ausfüh­rungen des GM, ergänzt bisweilen und disku­tiert Varianten und Stellungen. Mancher glänzt mit profundem Theorie­wissen (ein Dresdener (?) zu Nimzo­in­disch). Da werden Pläne geschmiedet und gleich mal am Analy­se­brett auspro­biert. So gut wie alle Plätze im Raum sind besetzt. Das Büffet, das der unermüd­liche Marcus Gretzer aufgebaut hat, wird entspre­chend dankbar angenommen. Hier merkt man mal wieder, was für ein tolles Pflaster Berlin für Schach-Happe­nings aller Art ist.

17 Uhr: Bei Jan Sprenger Remis an Brett 5 durch Zugwie­der­holung. Eine inter­es­sante Partie mit tollen takti­schen Mittel­spiel­ideen nach dem Zug 10. Sbd2 (ein Zug, der den Theorie-Extrem-Auskenner Peter Heine Nielsen überraschte).

Iljas Partie nähert sich wie auch immer der Entscheidung. Beide Spieler haben ihr Turmbat­terien auf der 2. bzw. 7. Reihe in Stellung gebracht. Gelingt Ilja die Abwicklung in ein remis­liges Turmend­spiel oder ein Dauer­schach? Grund­rei­henmatt muss er nebenbei auch noch abwehren. Immerhin hat er sehr viel mehr Zeit als sein Gegner. Kacper baut seinen Vorteil immer weiter aus und quält seinen Gegner mit zahlreichen Drohungen. Marco Baldauf und Philipp Schlosser einigen sich auf Remis.

Plötzlich purzeln die Punkte, leider nicht zugunsten der Schach­freunde. Ilja verliert, sein Gegner Francisco Vallejo Pons spielt das technische Endspiel sauber nach Hause. Hrant und Kacper remisieren. Kacper ist nicht zufrieden, er stand klar besser. Dann verliert etwas überra­schend Stephan. In Zeitnot gelang es seinem Gegner Georg Meier, die zunächst ausge­gli­chene Stellung durch aktives Spiel taktisch aufzu­laden und aus lösbaren unlösbare Probleme zu machen.

Bewun­dernswert nach einer Niederlage: Ilja analy­siert vor Auditorium zunächst sein Endspiel und die Gewinn­führung seines Gegners, dann die ganze Partie - wirklich lehrreich für die Zuschauer. Schön auch sein Satz „Das Brett ist zu kurz“. Solchen gesunden Humor wünsche ich mir selbst nach verlo­renen Partien.

19.15 Uhr: Nur noch zwei Partien laufen, es steht 2:4 für Baden-Baden. Doch Martin Krämer gegen Etienne Bacrot und Daniyyl Dvirnyy gegen Sergej Movsesian stehen deutlich besser, wenn nicht sogar auf Gewinn! Hippelig laufen die Mannschafts­ka­me­raden im Spieler­be­reich von einem Brett zum anderen und wieder zurück, den Fortgang der Ereig­nisse mitver­folgend. Niemand hätte geglaubt, dass gegen Baden-Baden so was wie Spannung aufkommen könnte.

Martin gewinnt! Daniyyl muss nun gewinnen, hat aber einen Bauern mehr und eine sehr aktive, bessere Stellung.

Daniyyl hat es leider nicht geschafft, die so greifbar nahe Sensation ist ausge­blieben. Wirklich schade, der Kampf geht knapp verloren.

Morgen geht es gegen Bayern München, die heute gegen Dresden ein Unent­schieden erzielten.

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