Europapokal Runde 1: Kick and Rush
(Jan Sprenger aus Porto Carras)
“Der Pokal hat seine eigenen Gesetze.” “Gegen so eine Mannschaft kann man nicht gut aussehen.” “Die Automatismen waren noch nicht da.” Diese oder ähnliche Sätze hört man häufig nach der ersten Runde des DFB-Pokals, wenn Profivereine auf unterklassige Klubs treffen, die zwar rennen und beißen können, aber eben nicht viel mehr. Meistens entsteht ein eher unansehnliches Spiel, in dem der Underdog sich mit 11 Mann hinten reinstellt, auf lange Bälle nach vorne hofft und es dem Favoriten nicht glückt das Spiel flüssig zu machen. Fehler schleichen sich ein, das Publikum beginnt ungeduldig zu werden… bis dann doch der erlösende Führungstreffer fällt. Danach scheint der Bann gebrochen, es fällt auch noch das zweite und dritte Tor und am Ende steht ein “standesgemäßes” Ergebnis.
Damit ist die Geschichte unseres Auftaktmatches gegen die Grantham Sharks aus England erzählt. Gegen eine ziemlich ausgeglichen besetze, konzentriert kämpfende, aber letztlich doch limitierte Mannschaft, wo selbst das Spitzenbrett mit Weiß die Devise “safety first” ausgab (1. e4 c5 2. Sf3 d6 3. c3 Sf6 4. Le2 Ld7 5. e5!?=), taten wir uns lange Zeit schwer. Nach drei Stunden stand es noch 0-0. Das Kick and Rush unserer Gegner kreierte zwar keine Chancen, aber uns gelang im Angriff auch nicht viel. Gerade an den Spitzenbretten hielten die Tommies in Gestalt ihrer beiden IMs tapfer dagegen: Peter Roberson spielte mit Weiß gegen Dennes anspruchslos, aber sicher, und Thomas Rendle fand eine Reihe ausgezeichneter Züge um Marcos Druck zu neutralisieren. Ausgerechnet---um im Jargon der Fußballreporter zu bleiben---ausgerechnet Arnd, der ausgangs der Eröffnung noch unter Druck gestanden hatte, markierte dann den Führungstreffer. Im Endspiel hatte sich der weiße Turm auf a7 verirrt, was Arnd zu einem gewinnbringenden Angriff gegen den weißen König nutzte. Danach war klar, dass wir den Kampf gewinnen würden, zumal auch Henrik einen ungefährdeten Sieg feierte und Rainer seine Mehrbauern langsam, aber sicher zum Siege führen würde. Das Qualiopfer in Zeitnot war zwar nicht geplant, aber wahrscheinlich gar nicht so schlecht. Als letzter verwertete auch Alex nach turbulentem Partieverlauf seinen Vorteil. Interessanterweise hatte Schwarz kurz vor Ende noch eine Festung mit Minusqualität (Kd2, Td6, Be5, g5---Kc4, Lf5, Be6, g6), aber die Verteidigung ist natürlich nicht trivial und der Gegner machte es Alex einfach.
Am Ende also ein ungefährdeter und standesgemäßer 5-1-Sieg, mit dem wir morgen hoffentlich Rückenwind für das schwere Treffen gegen Obiettivo Risarcimento (Wang Hao, Leko, Vallejo, Granda und eine Reihe italienischer Großmeister) haben. Das Hotel ist ansonsten prima, genauso wie die Landschaft, das Essen mäßig, und das Wetter naja. Es soll aber morgen wieder die Sonne scheinen---hoffentlich auch über unseren Stellungen.
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