Acht Entscheidungen

von am 1. November 2011 in 4. Mannschaft, Teams

Acht Entscheidungen

Nicht weniger als acht entschiedene Partien gab es an diesem Sonntag im Kampf Schach­freunde 4 gegen Zitadelle Spandau 2.

Leider die wenigsten davon auf unserer Seite, was für mich umso überra­schender ist, als ich uns im Vorfeld als favori­siert angesehen hatte - auch die Aufstellung spricht eine deutliche Sprache.

Ausge­rechnet die beiden Bretter mit den geringsten DWZ-Vorteilen gewannen, sieht man einmal von Fritjof ab, der der einzige mit einem DWZ-Nachteil war. Aber an diesem Tag lief es einfach nicht. Es war eine depri­mie­rende Leistung und Erfahrung für die Mannschaft. Eine Erklärung habe ich nicht. Jetzt weiß ich in etwa, wie sich die Bremer gegen die Schach­freunde in der Bundesliga gefühlt haben müssen (aber die konnten es immerhin auf den Aronjan-Effekt TM schieben). Aber was soll´s. Hoffentlich können wir uns in der nächsten Runde zusam­men­raufen. Nach nur 2 Wochen Rekon­va­les­zenzzeit geht es am 13.11 gegen Treptow weiter.

 SF Berlin 1903 IV (ø 1931) 2:6 SC Zitadelle Spandau 1977 II (ø 1874)
 Kai-Stephan Kussatz (1996) 1:0 Reinhard Giese   (1996)
 Abdelkerim Krichi   (2036) 0:1 Marko Perestjuk  (1960)
 Wolfram Burckhardt  (2000) 1:0 Stefan Schmidt   (1956)
 Mark Müller         (1998) 0:1 Bernd Kievelitz  (1899)
 Fritjof Wolf        (1832) 0:1 Winfried Zaeske  (1891)
 Rainer Dambach      (1888) 0:1 Tony Schwedek    (1748)
 Michael Stieber     (1890) 0:1 Eduardo Olivares (1793)
 Udo Lechtermann     (1811) 0:1 Jürgen Basta     (1749)

Als ich bei Kai Stephan Kussatz zum ersten Mal aufs Brett blickte, war eine für ihn ungewöhnlich scharfe Stellung entstanden. Die Bauern­struktur war unsym­me­trisch und mir war völlig unklar, wer hier eigentlich besser steht. Er opferte temporär einen Bauern, um anschließend den weißen Bauern f2 aus der Stellung zu schrauben. Danach war dem weißen König etwas unwohl und Kai Stephan konnte einen feinen Sieg einfahren.

Bei Abdel­kerim Krichi kam eine lange theore­tische Drachen­va­riante aufs Brett, die sein junger Gegner chine­sisch mit Db8 behan­delte. Aber es ging für keine Seite richtig vorwärts und in einem dem Anschein nach total ausge­gli­chenen Läufe­rend­spiel traf Karim eine äußerst bemer­kens­werte Entscheidung, indem er seine Bauern auf die Farbe seines Läufers stellte. Durch feine Zugzwang­motive ging einer der 3 verblie­benen Bauern verloren und ebenso das Endspiel.

Wolfram Burck­hardt sprach in Zusam­menhang mit seiner Partie von einer Caro-Kann-Muster­partie. In einer noch längeren klassi­schen Theorie­va­riante erwies sich der weiße Bauer h5 im Endspiel als durchaus schwach und auch am Damen­flügel war zunächst nicht viel zu holen für den Weißen. Als er dann dort eine Bauern­mehrheit erlangte, erwies diese sich angesichts zweier verbun­dener schwarzer Freibauern auf dem Königs­flügel als irrelevant. Bei Wolfram macht es immer Spaß zuzuschauen und fast könnte man meinen, er sei etwas zu stark für diese Klasse.

Selbiges kann man von mir sicher nicht behaupten. Ich stand die ganze Partie komplett neben mir, verwech­selte in der Eröffnung früh in der Haupt-Haupt­va­riante die Züge, gewann einen Bauern (bzw. mein Gegner opferte ihn für Initiative) und brachte irgendwann in gefühlt sehr schwie­riger Stellung (der Computer ist happy, as always) ein Qualitäts- + Bauern­opfer für positio­nelle Kompen­sation, das entweder total brillant oder total idiotisch war. Sehr vermutlich letzteres, was meinem Gegner half, in ein einfach gewon­nenes Endspiel mit Mehrqua­lität zu gelangen. Dabei stellte er sich extrem ungeschickt an, was aber kein Problem ist, wenn man gegen mich spielt. Denn nachdem ich tatsächlich eine Remisstellung erreicht hatte, stellte ich zwei Figuren für einen Turm ein und mit Minus­figur blieb mir als bester Zug der gesamten Partie die Aufgabe.

Fritjof Wolf

Bei Fritjof Wolf trat ebenfalls eine asymme­trische Materi­al­ver­teilung auf, da sein Gegner zwei Figuren für Turm und zwei Bauern opferte. Die Stellung war laut Computer im dynami­schen Gleich­ge­wicht, aber meiner Meinung nach schwie­riger zu spielen für Fritjof aufgrund seiner geschwächten Königs­stellung, der schwachen weißen Felder und den mächtigen Türmen auf der e-Linie.

Immerhin fand er aber eine ordent­liche Aufstellung insbe­sondere für seine Springer, die sich irgendwann auf e4 und e5 tummelten. Unmit­telbar nach der beider­seits etwas ungenau vorge­tra­genen Zeitnot­phase unterlief ihm aber der entschei­dende Fehler, mit dem er eine Figur einstellte.

Michael Stieber geriet im Königs­inder, in dem man in dieser Variante wie so oft einfach um jeden Preis nach aktiven Gegen­maß­nahmen suchen muss, in eine sehr passive Stellung und konnte sich nie daraus befreien. Sein Gegner nutzte seine totale Stellungs­kon­trolle schließlich zum Gewinn einer Figur und nach überstan­dener Zeitnot auch der Partie.

Rainer Dambach merkte man leider die mangelnde Spiel­praxis an. In der Eröffnung gelang es Schwarz schon bald, die Initiative zu übernehmen und nach einem Einsteller Rainers die Qualität zu gewinnen. Es gab zwar noch erbit­terten Wider­stand, der aber auch nichts mehr ändern konnte. Da ich aber weiß, wie sauer Rainer nach solchen Geschichten ist, äußere ich jetzt schon mal Mitleid mit seinem nächsten Gegner.

Udo Lechtermann musste mit Weiß ran. Unangenehm. Aber es gelang ihm, eine recht aussichts­reiche Stellung zu erreichen, indem auch er Turm gegen zwei Leicht­fi­guren gewann. Als Bonus gab es aber noch drei Bauern obendrauf, was die ganze Sache doch recht vorteil­halft gestaltete. In Zeitnot aber geschahen unerhörte Dinge, Bauern fielen schneller als Eintags­fliegen „morgen“ sagen können und übrig blieb ein wohl remis­liches Endspiel mit Qualität gegen zwei Bauern. Leider waren es zwei verbundene Freibauern und irgendwie fand Udo kein Mittel, ihren Vormarsch zu stoppen und musste mit ihrer Verwandlung gleich­zeitig die Niederlage einge­stehen. Gut angelegte Partie mit Vorteil, aber diese Zeitnot …!!

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