Plovdiv: Remiskönig ohne Rating

von am 29. März 2012 in Planet Schach

Plovdiv: Remiskönig ohne Rating

Mit wunder­samer Ruhe zieht bei der Europa­meis­ter­schaft im bulga­ri­schen Plovdiv ein Spieler ohne Rating seine Kreise: Dalibor Stoja­novic aus Bosnien-Herze­govina hat eine ansehn­liche Gegner­liste. Ernesto Iarkiew (Elo 2695), David Navarra (2700), Anish Giri (2717), Bartłomiej Macieja (2606), Pavel Ponkratov (2606) und Hedinn Stein­grimmsson (2556).

Alle Partien sind Remis ausge­gangen, Dalibor Stoja­novic gelangen dabei sehr genaue Züge und seine Partie­anlage ist ebenso klar wie furchtlos, dabei rationell und logisch, wie Schach­spielen im Idealfall eben ist. Der Umstand, dass Stoja­novic keine Rating hat, ist seinen Partien nicht anzusehen (← Link zur Fide-Sammlung).

Will man seinen Stil studieren, können aktuelle Verlust­partien aufschluss­reich sein, aber für die muss man in der Fide-Datenbank stöbern. Gegen Emir Dizdarevic zum Beispiel schien es ein Horizont­fehler gewesen zu sein. Inter­essant sind auch seine Verlust­partien gegen Jobava und gegen Sedlak. Und gegen Corrales Jimenez.
Stoja­novic ist als Gegner eine harte Nuss. Und eine myste­riöse obendrein.


Update 31. März 2012:

Das Wunder geht weiter. Drei Entschei­dungs­partien in Folge! Was Navarra, Giri und Inarkiev nicht gelang, geschah: Dalibor Stoja­novic spielte drei Mal hinter­ein­ander nicht Remis. Verblüffend.

Update Nummer zwei - auch am 31. März 2012:

Wieder Remis! Aber nach den ersten sieben Wunder­runden ist das jetzt auch egal. Neuer Europa­meister wurde Dmitry Jakovenko, der Laurent Fressinet in der Schluss­runde besiegte. Bester Deutscher wurde Mannschafts-Europa­meister Daniel Fridman (27.), bester Armenier Wladimir Akopjan (12.), bester Top-10-Profi wurde Fabio Caruana (38.), bester Teilnehmer der Schach­freunde Berlin schließlich Hrant Melkumyan (40.) – Dalibor Stoja­novic wurde 199. mit einer Perfor­mance von Elo 2564.

Die vollständige Tabelle

Seite drucken

2 KommentareKommentieren

  • Sebastian Schmidt-Schäffer - 12. Mai 2012 Antworten

    Hallo Fernando,

    laut chessgames.com hatte Dalibor Stoja­novic durchaus die meiste Zeit eine Elozahl, 2010 z.B. bei der Olympiade 2496. Ich meine, mal irgendwo gelesen zu haben, dass einige Verbände ihre Fide-Beiträge nicht recht­zeitig bezahlt haben und deshalb aus der Eloliste genommen wurden - das wäre vielleicht eine Erklärung. Von Wunder würde ich in diesem Fall aber nicht sprechen (genau­so­wenig, wie ich bei der einen Partie in Belgien zwischen Landa und Nikolic von einer Stone­wall­schlacht sprechen würde. Ist aber wirklich ne witzige Partie, genau wie die von Moranda gegen Markowski!)

    • F. O. - 12. Mai 2012 Antworten

      Moin Sebastian,

      schön, von Dir zu hören! Das ist in der Tat eine plausible Erklärung. Ist ja nicht so, dass Stoja­novic zu der Rating wie die Jungfrau zum Kind kam.

      Mich hatte es erstaunt, mit welcher Gelas­senheit er die durchweg höher­klas­sigen Gegner­schaft neutra­li­siert hatte. Aus meiner Sicht ein Wunder, aber sicher nicht nach objek­tiven Normie­rungs­werten der deutschen Wunder-Verordnung.

      Die Partie Landa-Nikolic hatte ich im Überschwang Stonewall-Schlacht genannt, auch wenn es kein Stonewall war (steht ja auch im Kommentar), einfach, weil es martia­li­scher klingt, so als sei es eine legendäre Schlacht der Kelten. Erst im Nachhinein fiel mir auf, dass der Steinwall ja zwei Züge unbedingt voraus­setzt, ...f5 und ...d5.

      Lohnt sich immer wieder, sich frische Partien anzuschauen, freut mich, dass Dir die Auswahl gefällt. Gestern aller­dings sah ich mir noch einmal die Immer­grüne Serper-Nikolaidis aus den Neunzigern an. Vorge­schmack:
      http://www.chessgames.com/perl/chessgame?gid=1289099

      Fortsetzung folgt.

Kommentieren

Bitte Pflichtfelder ausfüllen