Traumstart für Levon

[Event "Match 2012"]  [Site "Zürich"]  [Date "2012.04.21"]  [Round "1"]  [White "Kramnik, V."]  [Black "Aronian, L."]  [Result "0-1"]  [ECO "D43"]  [PlyCount "82"]   1. Nf3 d5 2. d4 Nf6 3. c4 c6 {Zuletzt hat Levon auf das othodoxe Damengambit  mit e6 vertraut. Aber vielleicht hatte er Respekt vor der katalanischen  Eröffnung, die Kramnik wie kein Zweiter zu behandeln weiß.} 4. Nc3 e6 {  Aber auch Semislawisch gehört seit langem zu Aronians Repertoire.} 5. Bg5 ({  Mit der Meraner Variante nach} 5. e3 {  hat Kramnik seit seinem WM-Kampf mit Anand keine guten Erinnerungen mehr.})  5... h6 {Dieser Zug leitet die Moskauer Variante ein. Jetzt hat Weiß die Wahl.}  ({Die Botwinnik-Variante} 5... dxc4 6. e4 b5 7. e5 h6 8. Bh4 g5 9. Nxg5 hxg5  10. Bxg5 {hat Levon meines Wissens nach noch nie gespielt. In der Weltspitze  ist Alexey Shirov der letzte Verfechter dieser scharfen Variante.}) 6. Bxf6 (6. Bh4{  Das Anti-Moskauer Gambit ist extrem scharf. Im Vergleich zurBotwinnik-Variante  geht hier das Scheinopfer auf g5 nicht und Schwarz "gewinnt" einen Bauern.  Auch Kramnik hat diese Variante schon mit den schwarzen Steinen gespielt. Hier  besteht aber für beide Seiten die Gefahr, durch eine Neuerung im 30. Zug oder  später plötzlich auf Verlust zu stehen. In einem Wettkampf, insbesondere wenn  er so kurz ist und jede einzelne Partie entscheidend sein kann, vielleicht  nicht die beste Wahl.} 6... dxc4 7. e4 g5 8. Bg3) 6... Qxf6 7. e3 {Kramnik hat sich daher - stilgerecht - für die ruhige Variante entschieden. Schwarz hat  das Läuferpaar, Weiß mehr Raum.} Nd7 8. Bd3 dxc4 9. Bxc4 g6 {Für die Nicht-Eingeweihten mag dieser Zug seltsam aussehen. Schwarz hat doch e6 gezogen, um  seinen Läufer auf der Diagonalen a3-f8 zu entwickeln. Tatsächlich hat der  Läufer auf der großen Diagonalen aber langfristig die besseren Perspektiven.}  10. O-O Bg7 11. Re1 O-O 12. e4 e5 13. d5 {Das ist alles schon oft gespielt  worden, jetzt wählt Levon einen Zug, der nur 3x in meiner Datenbank auftaucht.  Das erste Mal wurde er im letzten Jahr von einem armenischen Landsmann  gespielt. Nach der schnellen Reaktion von Kramnik zu Urteilen, war dieser aber  nicht sonderlich überrascht.} Rd8 14. Re3 ({  Die schwarze idee war wohl, dank der Fesselung auf der d-Linie so etwas wie}  14. h3 Nb6 15. Bb3 cxd5 16. Nxd5 Nxd5 17. Bxd5 Be6 {  zu spielen. Der Bauer auf b7 hängt jetzt nicht!}) 14... b5 ({Jetzt ist} 14...  Nb6 15. Bb3 cxd5 16. Nxd5 Nxd5 17. Bxd5 Be6 18. Rd3 Bxd5 19. Rxd5 {  unangenehm für Schwarz. Der Lg7 spielt nicht mit.}) 15. dxc6 bxc4 16. Nd5 {  Bislang spielte Kramnik sehr schnell. Zeitverbrauch keine 10 Minuten. Aronian  lag bei etwa 20 Minuten. Auch ihm war das alles noch bekannt. Und jetzt kommt  seine Neuerung, die Kramnik in ein langes nachdenken versinken lies.} Qe6 (  16... Qd6 {geschah jüngst in einer Partie bei der EM der Damen. Im Vergleich  zur Partie steht die Dame auf d6 wohl schlechter. Von e6 aus hat die Dame  immer einen Blick auf den Bauern c4.} 17. cxd7 Bxd7 18. Nd2 Bb5 {  und Weiß steht angenehmer und gewann am Ende auch.}) 17. cxd7 {Was sonst?} (17.  Nc7 Qxc6 18. Nxa8 Qxa8 {ist einfach nur schlecht.}) 17... Rxd7 $1 {  Der Läufer soll nach b7.} (17... Bxd7 $2 18. Nc7) 18. Qa4 ({  Computer möchten mit} 18. b3 cxb3 19. Qxb3 {schon auf Remis spielen.}) 18...  Bb7 19. Qxc4 Bxd5 ({Warum nicht der Zwischenzug} 19... Rc8 {? M. E. gewinnt  das noch ein Entwicklungstempo. Aber ich habe ja auch keine 2800 Elo.}) 20.  exd5 Qxd5 21. Qxd5 Rxd5 {Das Endspiel ist deutlich angenehmer für Schwarz. Ein  Spieler wie Kramnik sollte die Stellung aber zusammenhalten können.} 22. Rae1 {  Mit dem Mehrtempo Tc8 im 19. Zug könnte Schwarz jetzt sehr stark f5 ziehen.  Den Bauern kann Weiß dann nicht schlagen, weil zum Schluss Tc1 matt folgen  würde.} Re8 23. g4 {Gegen f5 gerichtet und schafft ein Luftloch.} Kh7 24. g5 $6  {Gefällt mir nicht. Sollte Weiß nicht lieber Spiel am Damenflügel suchen?} hxg5  25. Nxg5+ Kg8 26. f4 $6 {Lieber Herr Kramnik, das geht jetzt doch echt zu weit,  oder? Schwächt die 2. Reihe, öffnet Diagonalen für den Läufer. Wenn das nicht  irgendwie forciert in ein Remisendspiel abwickelt, steht Weiß ganz schlecht.} (  26. Ra3 Re7 27. Rb3 {mit Gegenchancen wollen die Computer spielen.}) 26... Rb8  $1 {Sehr stark. Jetzt hängen f4 und b2.} 27. fxe5 Rxb2 28. Nf3 (28. R1e2 Rxe2  29. Rxe2 Rxe5 30. Rxe5 Bxe5 $19) (28. a3 Rdd2 29. Nf3 Rg2+ 30. Kh1 (30. Kf1  Rbf2#) 30... Rgf2 $1 31. Kg1 Bh6 32. Rc3 Bf4 $19) 28... Rxa2 {  Schwups da war ein Bauer weg.} 29. e6 fxe6 30. Rxe6 {Mit dem Mehrbauern hat  Levon natürlich klaren Vorteil. Von einfach gewonnen ist die Stellung aber  weit entfernt.} Rf5 31. Nh4 Rf4 32. R6e4 Rf6 33. Rg4 Kf7 34. Rc1 Bh6 35. Rc7+  Ke8 36. Re4+ Kd8 37. Rh7 Bf8 38. Rd4+ Kc8 39. Rc4+ Kb8 40. Rd7 $4 {  In Zeitnot im letzten Zug vor der Zeitkontrolle der entscheidende Fehler.} (40.  Rc1 a5 {und es ist wohl langfristig für Schwarz gewonnen. Es steht aber noch  gehörig Arbeit bevor.}) 40... g5 {Gewinnt eine Figur oder setzt matt.} 41. Ng6  (41. Ng2 Ra1+) 41... Bd6 (41... Bd6 42. Rg7 Bxh2+ 43. Kh1 Rf1#)