Thiede kleine Vase
Dragojle Babic ist tot. Er starb im Alter von nur 43 Jahren. Die Berliner Schachgemeinde ist um einen starken Spieler ärmer geworden.
Die Schachfreunde Berlin, deren Mitglied Dragojle Babic seit 1993 war, trauern nicht nur um den originellen Schachspieler. Wir trauern um den liebenswerten, interessanten Menschen, um den wahrhaft guten Freund Drago Babic.
Drago war mit seiner jungen Familie vor den Schrecken des Bürgerkriegs im zerbrechenden Jogoslawien nach Berlin geflohen.
Durch Rainer Dambach, dem damaligen Vorsitzenden, kam er zu den Schachfreunden. Bald wurde sichtbar, dass Drago für den Verein schachsportlich und menschlich eine große Bereicherung war.
In den ersten Jahren verstärkte er die 1. Mannschaft. Später spielte Drago in der 2. Mannschaft. In der Saison 2003/2004 gelang ihm in der Zweiten Bundesliga folgender Sieg:
Typisch Drago! Die Eröffnung eher unorthodox, aber im Nahkampf sehr stark. Das machte auch seine große Stärke im Blitzschach aus. Im Jahr 2002 wurde er Berliner Einzelmeister. Mit dem Blitzteam der Schachfreunde gelangen ihm noch mehr Erfolge als in Einzelturnieren - in der Mannschaft fühlte er sich immer besonders wohl. Hervorzuheben ist der 1. Platz bei der Norddeutschen Blitzmannschaftsmeisterschaft im Jahr 2000, der 5. Platz bei der außerordentlich stark besetzten Deutschen Blitzmannschaftsmeisterschaft 1999 in Bonn sowie der 4. Platz im Folgejahr in Detmold, an denen Drago mit ausnahmslos guten Einzelergebnissen jeweils großen Anteil hatte.
Es sind häufig die kleinen Geschichten, an die man sich noch lange erinnert. Mir kommt unweigerlich ein Vereinsabend im Sommer 1995 mit meinem lieben Freund in den Sinn: Drago, Stephan Berndt, Lars Thiede und ich hatten am Wochenende zuvor erstmals am Forster Rosengartenturnier teilgenommen. Rainer Dambach interessierte sich für den Turnierverlauf und Drago antwortete in einem damals noch gebrochenen Deutsch. Zu den Brettpreisen befragt berichtete er über seinen Geldpreis, die große Kaffeemaschine für Stephan Berndt, den Rucksack, den ich gewonnen hatte, und, mit einem Schmunzeln und unnachahmlichen Gestik, von „Thiede kleine Vase“. Alle lachten, auch Lars, und anlässlich wohl jeder Preisverleihung in späteren Jahren wurde diese Anekdote zum besten gegeben.
Unser tiefes Mitgefühl gilt seiner Frau Tanja, seinen beiden Töchtern und seinem Sohn.
Zeig Bobby im Blitz wie stark Du bist. Wir werden Dich niemals vergessen!
Rainer Polzin für den Vorstand der Schachfreunde Berlin 1903 e.V.
Kommentieren