Schwarzer Freitag für die Schachfreunde
Freitag der 13. an Tisch 13 - das konnte ja nicht gutgehen. Aber was in der Mannschaft der Schachfreunde Berlin in der sechsten Runde des Europapokals für Vereinsmannschaften (ECC) widerfuhr, geht nicht mehr auf die berühmte Kuhhaut. Aber von Anfang an.
Gegner waren die Isländer vom Reykjavik Chess Club. Elo-Favoriten gab es keine: An jedem Brett trafen Spieler mit fast gleicher Wertungszahl aufeinander. Und der Wettkampf begann vielversprechend für uns, konnten wir doch in den meisten Duellen angenehme Stellungen und spürbaren Zeitvorteil verbuchen.
Den ersten Punkt fuhr Christoph Nogly an Brett sechs ein. Er folgte einer Partie, die sein Gegner vor kurzem beim Reykjavik Open gespielt hatte. Dieser wich aus Angst vor einer Verbesserung zuerst ab. Es kam zur typischen Belagerung des c4-Bauern im Nimzo-Inder. Bevor er langsam zu Grunde ging, öffnete Weiß die Stellung und ging auf Königsjagd. Dabei verlief sich seine Dame und es war der weiße König, der plötzlich schutzlos war.
Eigentlich ein guter Auftakt, aber dann begann das Unheil. Stephan Berndt kam gut aus der Eröffnung raus. Dann verkomplizierte sich die Partie zusehends und beide Spieler kamen in horrende Zeitnot. Als Stephan dachte, den Sieg eingefahren zu haben (Dh5), hatte Weiß plötzlich unheimliches Glück in der Stellung. Nach Txe6 steht er im höheren Sinne auf Gewinn. Da war es egal, das Stephan im 40. Zug noch den Turm auf d2 einstehen ließ.
An Brett drei spielte Martin Borriss eine Traumpartie. Das doppelte Figurenopfer ist z. B. aus mehreren Shirov-Partien bekannt. Martin hatte aber keine exakten Theoriekenntnisse, sondern fand das meiste selbst. Der Angriff führte schließlich zu einem Turmendspiel mit zwei Mehrbauern, das sein Gegner - der Bundesligaspieler Hedin Steingrimmsson - zu einem Bauernendspiel mit Minusbauern abwickelte. Eigentlich erwartete jeder die schwarze Aufgabe, aber Steingrimmsson kämpfte unverdrossen weiter - und wurde dafür auch noch belohnt! Martin war klar, dass natürlich sowohl 44.a3 also auch 44.b5 gewannen. Leider dachte er das gleich auch über 44.bxa5 und sah, als er den Bauern los ließ, schon die Katastrophe.
Statt erneuter Führung blieb es beim Unentschieden. Inzwischen war aber klar, das Rainer Polzin am ersten Brett eine vorteilhafte Mittelspielstellung verdorben hatte und verlieren würde. Lars Thide dagegen hatte sich aus einer Verluststellung inzwischen wieder zurückgekämpft, aber nun konnte Ilja Schneider durch einen Sieg nur noch ein Unentschieden retten. Nach der Eröffnung hatte er zwar das Läuferpaar, aber Schwarz trotzdem keine Probleme. Dann beging sein Gegner einige Ungenauigkeiten, wodurch Ilja einen Bauern gewann. Leider ließ er durch ein paar ungenaue Züge Schwarz zu Gegenspiel kommen. Doch das wahre Drama begann gerade erst.
Im bestreben, seine Mehrbauern voranzutreiben, lief Ilja geradewegs in eine Springergabel, die einen glatten Turm kostetet. Doch er gab nicht etwa sofort auf, sondern peitschte seinen f-Bauern bis nach f7. Als Schwarz das Umwandlungsfeld f8 scheinbar sicher kontrollierte und alle mit der Aufgabe rechneten, entkorkte Ilja f8Springer!!. Dadurch kam Schwarz nicht zu der geplanten Springergabel, die jede andere Figur gewonnen hätte, und musste sich ins Remis fügen.
Endstand: 2,5-3,5, aber eigentlich war sogar ein 5-1 möglich. Wie gesagt, Freitag der 13. und Tisch 13.
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