Das wäre ihr Preis gewesen

von am 23. Juli 2012 in Vereinsturniere

Das wäre ihr Preis gewesen

Zwei Mehrbauern im Turmend­spiel gegen des amtie­renden Jugend­welt­meister - der geteilte dritte Platz (nach Wertung 9.) und genug Kohle für einen feisten kreti­schen Abschieds­abend waren sicher verplant. Doch irgendwie wollte Rainer dem geschenkten Gaul nicht ins Maul schaun. So langte es nur zu 20 Euro Preisgeld im Open von Paleohora (die Preise werden unter den Punkt­gleichen geteilt und nicht nach Wertung vergeben!). Das reicht gerade mal so für den nötigen Alkohol.

Doch der Runden­rei­hen­folge nach: In der achten Runde spielte Rainer einen geschlos­senen Sizilianer. Er zog gemäß seinem Naturell scharf vom Leder und hatte um den 40. Zug herum eine Gewinn­stellung erzielt. Bei der techni­schen Umsetzung haperte es aber (bitte merken!). Statt 40. Le7 nebst Lf6 und Aufgabe zog er Sf6+ und ließ ein Endspiel mit ungleich­far­bigen Läufern zu. Wegen zweier Freibauern und der Schwäche auf h7 hielt Rainer das Endspiel für gewonnen. Was er (und auch sein Gegner) nicht sahen war ein fieser „Fast-patt-Trick“. Wenn in einer Variante der weiße König nach Opfer des f6-Bauern bis nach g7 läuft, um h7 abzuholen, läuft der schwarze König hinterher bis nach f7 und sperrt den weißen König ein. Also ein zwar verdienter aber glück­licher Sieg.

Christoph fügte seinem Leidens­turnier einen weiteren Höhepunkt hinzu. Gegen die schema­tische Eröffnung seines 13jährigen Gegners erlangte er schnell Vorteil, der sich in einem heftigen Königs­an­griff entlud. Zwei „Gewinnwege“ sah er: Th4 nebst Dh6 (was diverse Male gewann) und Dg5 nebst Dxg4. Die Pointe sollte nach Ld1 eigentlich Dg6 Lf3 e4! sein mit Damen­gewinn nach Ld4. Als es so weit war durch­zuckte ihn die Gegen­fes­selung Lb2 mit Ausgleich. Da in dem Turnier sein Nerven­kostüm sowieso schon arg angegriffen ist, fand er den immer noch vorhan­denen Gewinn nicht und stellte in Zeitnot auch noch einen Bauern ein. Das entste­hende Turmend­spiel ist extrem kompli­ziert, sollte aber verloren sein. Mangelnde Technik beim Gegner gestattete noch das Remis.

In der letzten Runde ließ Christoph dann ziemlich lustlos eine Chance auf Vorteil links liegen und nahm in schlech­terer Stellung das Remis­an­gebot seines Gegners an.

Rainer dagegen konnte theore­tisch sogar noch das Turnier punkt­gleich gewinnen. Aller­dings hatte er schwarz gegen den amtie­renden Jugend­welt­meister Dariusz Swiercz. Die Vorbe­reitung klappte und Rainer hatte eine solide Stellung. Langsam konnte Swiercz aber Druck entfalten und auf dem Weg zum 40. Zug entglitt Rainer die Stellung. Kurz vor der Zeitkon­trolle wollte Weiß dann unter Bauern­opfer entscheidend durch­brechen, doch die schwarze Stellung ist erstaunlich robust. Danach konnte Rainer sich langsam aber sicher vom weißen Druck befreien und mit seinem Mehr-e-Bauern starkes Gegen­spiel entwi­ckeln.

Mit immer knapper werdender Bedenkzeit konnte Swiercz die Probleme nicht lösen und nach e2 von schwarz stand er vor einer Ruine. Kg7 mit der Drohung Td1 (und Verhin­derung des Gegen­spiels Tc8+!) gewann sofort. Aber auch das entste­hende Turmend­spiel mit zwei Mehrbauern sollte keine größeren techni­schen Hürden bieten. Rainer spielte es zwar nicht optimal aber gut genug. Warum er aber seine ganze Arbeit mit 87...Tc2+ in den Sand setzte, kann er sich auch nicht erklären. Kb2 nebst Tb3 und a3-a2-a1D gewann sofort. Danach war das Endspiel mit dem Randbauern nicht mehr zu gewinnen.

Kurio­sität am Rande: Zwei Bretter weiter unten in Sivuk gegen Pap (die Partie lässt sich bei chess-results.com runter­laden) wurde das gleiche Turmend­spiel geübt, hier aller­dings mit dem h statt mit dem a-Bauern. An einer Stelle kam es sogar zu einem exakten Spiegelbild der Stellung. Aller­dings war dieses in dieser Partie im Gegensatz zu Rainers immer Remis.

 

Ein Foto von den Siegern: 3. Platz Kuljasevic Davorin 1. Platz Rychagov Andrey 2. Platz Ganguly Surya Shekhar (von links nach rechts)

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1 KommentarKommentieren

  • Stefan Brettschneider - 24. Juli 2012 Antworten

    Schade, 87.-Kb2 sieht im Nachhinein so simpel aus. Aller­dings wäre - der Datenbank zufolge - das Endspiel auch nach 87.-Tc2+ auf das stärkere 88. Kd1 gewonnen gewesen. Erst 88.-Tc7 ging objektiv in eine Remisstellung über.

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