Schnellschach-Grand-Prix April
Die gestrige Aprilausgabe unseres Schnellschach-Grand-Prix wurde eine scheinbar sichere Beute von Dirk Paulsen. Er siegte nämlich mit 5 Punkten aus 5 Partien und mehr geht nun wirklich nicht. Allerdings stand ihm Caissa in einigen Partien zur Seite, so stellte etwa Udo Hoffmann in der Schlussrunde in völliger Gewinnstellung einzügig eine Figur und damit auch die Partie ein. Zudem erzielte der auf Rang 2 platzierte Rainer Polzin mit 4,5 aus 5 nur ein halbes Pünktchen weniger, das Auslosungsprogramm verweigerte ihm jedoch die Chance, Dirk im direkten Duell noch auf der Zielgeraden abfangen zu können.
Sieger in der Gruppe bis DWZ 1900 wurde Sebastian Eiselin. Beide Gewinner durften eine Flasche Rotwein mit nach hause nehmen, um ihren Erfolg auch gebührend feiern zu können.
Alle Ranglisten und Infos zum Turnier finden sich hier: http://chess-results.com/tnr97833.aspx?art=1&lan=0&wi=821
Ich bedanke mich bei allen Teilnehmern für ihr Erscheinen und die vielen spannenden Partien. Trotz Fußballkonkurrenz im free-TV fand sich mit 23 Spielern eine beachtliche Menge Schächer ein.
Martina Skogvall - 12. April 2013
Lieber Dirk,
vielen Dank für die lebendige Schilderung. Ich habe gerade ein schönes Wort gelernt: „Brettverhalten“. Etwas, was - im gegensatz zum klassischen Schach - im Schnell- und Blitzschach eine große Rolle spielt.
Während man Theorie lernen, Endspiele üben, Kombinationen sich in Massen reinziehen kann etc., ist das Brettverhalten eine komplexe psychologische, tagesformabhängige Komponente. Außerdem: Als erfahrener Spieler hat man alle möglichen Konstellationen schon mal erlebt, im Nachhinein durchdacht und auf zukünftiges sinnvolle(re)s Verhalten hin abgeklopft. Und dann hoffentlich abgespeichert und immer mal angewandt.
Hier hast Du offenbar ganz clever agiert und bei knapper Zeit auch gute Nerven bewiesen. Ohne gutes Schach bekommt man zudem gegen so starke Gegnerschaft nicht mal Positionen, die das Weiterspielen lohnen :-) Also: Herzliche Gratulation und viele Grüße!
Martina
Dirk Paulsen - 11. April 2013
Sicher stand mir ab und zu Caissa bei. Allerdings meine ich, dass dies für so gut wie jeden Turniersieger gilt. Bei jeder einzelnen Partie sogar geht es nicht gänzlich ohne, denn man wird vom Gegner immer hören -- selbst wenn der (erste) Fehler sich früh in der Partie ereignet, dass er „so was Dummes noch nie gemacht hätte“ oder dass er „die Variante verwechselt hätte“ oder dass er „einfach gleich einen groben Fehler gemacht hätte, schau mal, hier, was für eine Dummheit ich begangen habe“ -- und, selbst wenn es sich so gut wie alles nach „fauler Ausrede“ anhört, so ist immer auch ein Körnchen Wahrheit darin. Man ist also in jeder (Gewinn-)Partie auch ein wenig auf die Mithilfe des Gegners angewiesen.
Erwähnenswert fände ich durchaus, auch in einem Kurzbericht, dass es einen turmhohen Favoriten gab -- mit Hrant Melkumyan -- und dass dieser sich zuerst (in Runde 2) mir geschlagen geben musste, und in Runde 4 auch noch Rainer Polzin -- so dass er, mit deutlich über 2600 Elo, sozusagen unter „ferner liefen“ geführt wurde.
Das Quäntchen Glück war nach meiner Auffassung lange nicht in den Dimensionen, wie es Borussia Dortmund am Dienstag Abend zuteil wurde, als man in einer Größenordnung von 99.9% vor dem Aus stand, als die Nachspielzeit eingeläutet wurde und dass zudem -- ungeachtet der Tatsache, dass womöglich das 2:1 auch aus Abseitsposition erzielt gewesen sein mag, nur war dies ja bereits Vergangenheit -- der 3:2 Siegtreffer aus wirklich mehr als deutlicher Abseitsposition gleich vierer Dortmunder Angreifer erzielt wurde. Und: hier nimmt es eine ganze Nation mehr oder weniger gelassen hin, weil man den Deutschen dieses wohl immer zugesteht, es bald für selbstverständlich hält. Man sagt wohl dann auch „das Glück des Tüchtigen“ oder „das Glück haben sie sich mit dem anhaltenden Glauben daran verdient.“
So dürfte ich mir zugute halten, gegenüber einer teils schmerzlichen Vergangenheit, in welcher das Pendel mehr als einmal deutlich gegen mich ausschlug, derzeit mir Fortuna durchaus häufiger hold gewesen ist. Wobei man eben -- nach oben beschriebener deutscher Auffassung --- sich es entweder erarbeiten oder verdienen kann. Und dieser Einschätzung hätte ich mit meinem Brettverhalten derzeit Vorschub geleistet. Und dies so: selbst wenn man einen groben oder offensichtlichen Bock macht, gibt es keine Notwendigkeit, den Gegner durch Gestik oder Mimik oder auch verbal auf ihn aufmerksam zu machen. Dies dient sowohl der kleinen Chance, dass er das Versäumnis gänzlich ignoriert, zugleich erhöht es aber auch die Chance, falls der Gegner es denn sichtet, dass man danach dennoch eine spielbare Position -- zu welcher das Brettverhalten gehört -- behält. Denn: a) würde man nach einem groben Fehler ab und an aus der Verzweiflung des groben und sogar angemerkten Bocks einen weiteren folgen lassen und b) würde man dem Gegner suggerieren, dass man zwar gepatzt haben mag, aber dies durchaus mit Würde und Anstand hinnehmen könnte. Man versetzt sich also in die Lage, die Partie auch umgekehrt wieder zu drehen, welches man, nachdem man die Verzweiflung bereits zur Schau getragen hat, ungleich schwerer würde.
So hat Udo Hoffmann mich zwar glatt überspielt -- ich machte einen dieser besagten Fehler, spielte aber mit Gleichmut, gleichwohl hoch konzentriert weiter --, aber doch zögerte ich das Ende hinaus, während er immer wieder Bedenkzeit investierte, um den ganz sicheren Sieg einzufahren. So kam es dann allmählich in diese Stellung, dass er dem Sieg noch immer nicht entscheidend näher gerückt war, dass aber doch die Uhr allmählich eine Rolle zu spielen begann. Beinahe dürfte man sogar sagen, dass er sich dem Sieg sogar -- unabhängig von der Zeigerstellung -- eher entfernt hatte. Kein Wunder also, dass die Nervosität auf ihn überging. So kam es zu diesem Fehler, dass er eine ganze Figur einbüßte.
Übrigens habe ich auch in der Partie gegen Lars das Glück in Anspruch genommen. Der Eröffnungsverlauf ging an ihn (obwohl ich Weiß hatte) und als ich eine Gelegenheit erspähte, wickelte ich ein ungleichfarbige Läufer Endspiel ab -- mit Türmen. Dieses rückte dem Remis immer näher, jedoch flüsterte keiner von uns dieses Wörtchen. Ich finde es allgemein auch durchaus beachtlich, dass allein die Idee der Sofia Regel sehr häufig für das einfache Weiterspielen sorgt. Warum soll man nicht einfach spielen? Mal schauen, was noch so alles kommt. Remis anbieten ist was für Angsthasen.
Ganz am Ende hatte ich wohl einen kleinen Zeitvorteil und sogar möglich, dass ich, mit dem etwas aktiveren Turm, sogar einen leichten Vorteil habe. Lars gab Schach mit seinem Turm auf einem schwarzen Feld, doch hatte ich genau dieses Schach mit meinem Läufer zuvor abgedeckt. Der Turm war futsch -- der Punkt ging an mich.
Verschweigen möchte ich auch nicht, dass es zum Sieg gegen einen Mann vom Format des Hrant Melkumyan nicht ohne glückliche Umstände geht. Fakt ist, dass ich zwar mit dem Eröffnungsverlauf durchaus zufrieden war, dass er aber urplötzlich eine Kombination vom Zaune brach, die ich nicht im Entferntesten erahnt hatte. Nur entdeckte ich urplötzlich, dass ich unter Qualitätsopfer mein Dame gefährlich auf den Königsflügel überführen konnte. Ein Versäumnis seinerseits, und der Schaden war irreparabel.