Aronjan an Brett 2
30. Juni 2011: Die Erinnerung an den 10. April ist noch sehr wach. Mit knapper Not hatten wir ein 4-4 gegen Trier erreicht und mussten mit ansehen, wie die Griesheimer dabei waren, wenigstens 4 Brettpunkte gegen den Hamburger SK zu holen. Aus. 2. Bundesliga, Milchkannen in Norddeutschland wir kommen. Jemand schlug vor, den Ort des Grauens zu verlassen und bei schönem Hamburger Wetter in einen Biergarten zu wechseln. Prima Idee! Sodann nahm das Wunder von Hamburg seinen Lauf. Puh, Stichkampf. Der wurde gegen Griesheim etwas glücklich, aber doch nicht unverdient, gewonnen. Wir hatten dem Schicksal nochmal ein Schnippchen geschlagen.
Das müsste eigentlich erst mal für lange Zeit reichen, so an guten Nachrichten.
Möchte man meinen.
Wir schreiben den 1. Juli und Levon Aronian spielt in der kommenden Bundesligasaison an Brett 2 für die Schachfreunde. Richtig, die Nummer 3 der Weltrangliste. An Brett 2. Der Sieger von Linares 2006, Wijk aan Zee 2007 und 2009 (jeweils geteilt), Melody Amber 2008, den Olympiaden 2006 und 2008 mit Armenien, usw. ELO inzwischen konstant über 2800. Wie kam das? Eigentlich waren die Planungen für die kommende Saison schon weit gediehen da traf sich Dirk Poldauf, einer der dienstältesten Schachfreunde, mit seinem „Nachbarn“ Levon - beide wohnen nur ein paar Kilometer entfernt voneinander in Berlin - auf ein Gläschen Wein. Man sprach über die Bundesliga und darüber, dass Aronians Schüler (!) Hrant Melkumyan einen Verein in der Bundesliga sucht - möglichst an Brett 1. Und Levon höchstpersönlich könnte ja auch mal wieder spielen.
Womit klar ist, dass weder Vishy Anand noch Magnus Carlsen von der Oos an die Spree gewechselt sind. Brett 1 wird künftig von dem 22-jährigen Armenier Melkumyan verwaltet. Er machte zuletzt mit einem sehr starken 2. Platz in Sarajewo auf sich aufmerksam. Seine Rating liegt bei 2600.
Jan Markos , der in den letzten Jahren für die Schachfreunde an Brett 1 spielte, verlässt auf eigenen Wunsch den Club - er will seine Liga-Einsätze reduzieren. Nicht aber ohne wärmstens einen starken slowakischen Nachwuchsspieler zu empfehlen: Peter Michalik. 21 Jahre alt und Großmeister. Aktuell liegt er bei 2505 ELO. Zeigte sein Talent zuletzt anlässlich der Euromeisterschaft in Aix-les-Bains in Frankreich. Mit 7 aus 11 spielte er deutlich über Erwartung.
Neben Jan Markos verlässt auch Normunds Miezis nach vielen Jahren den Verein. Und als dritter Abgang ist Urgestein Stellan Brynell zu vermelden, der zuletzt noch in der 2. Mannschaft der Schachfreunde aktiv war. Er folgt Henrik Rudolf nach Rostock. Danke für die vielen großen Kämpfe, die Ihr geliefert habt!
Ein Neuzugang war quasi zwangsläufig. Rafal Antoniewski , Großmeister aus Polen, der aktuell bei 2586 notiert, spielte im letzten Jahr mit der halben Schachfreundemannschaft zusammen in der österreichischen Liga für Wulkaprodersdorf und machte dort mit einer großartigen Leistung nachhaltig auf sich aufmerksam.
Ein sehr interessanter Spieler ist Oliver Mihok. Das Schach hat er von seinem Vater Laszlo noch in Berlin gelernt. Vor einigen Jahren zog die Familie dann nach Budapest. Sicherlich auch dank der dortigen guten Trainingsbedingungen ist er inzwischen auf dem besten Weg zum Großmeistertitel. Zuletzt gewann er im Juni 2011 mit 6,5 aus 9 das „FirstSaturday“ GM-Turnier in Budapest, zuvor war ein Open in Lenk / Schweiz seine Beute. Seine ELO liegt bereits bei 2457. Tendenz steigend.
Zurück von seinem Geistergastspiel in Hannover ist Dennes Abel - inzwischen bei ELO 2418 gelistet. Er wird der Rückbank zu mehr Schlagkraft verhelfen. Will den IM-Titel noch vor dem 1. juristischen Staatsexamen erreichen.
Mit Martin Krämer, Andrei Maksimenko, Ilja Schneider und Arnd Lauber bilden die Genannten eine sehr schlagkräftige Truppe. So dass es die alte Generation um Dirk Poldauf, Marco Thinius, Lars Thiede, Stephan Berndt und Rainer Polzin (ok, sehr alt) künftig ruhiger angehen lassen kann. Aber die kann auch noch kräftig beißen wenn es darauf ankommt ...
Die Frage nach dem Saisonziel ist schnell beantwortet: Im Kampf gegen den Abstieg sollen sich andere Sorgen machen. Sorry Konkurrenz, wir klinken uns diesbezüglich mal für ein Jahr aus.
(Fotos: Georgios Souleidis )