Sonne, Strand und Siege
Drei Runden sind auf Kreta mittlerweile gespielt. Mit 2,5 aus 3 liegen wir (Rainer Polzin und Christoph Nogly) noch gut im Rennen. Bei Rainer hätte es vielleicht ein bisschen mehr sein können, Christoph kann froh sein, in der Doppelrunde am Dienstag nicht eine Doppel-Null eingefahren zu haben.
Doppelrunden sind für uns Herren im gesetzten Alter ja eigentlich nichts mehr. Bei den selbst für den Süden Kretas brütenden Temperaturen (bis zu 45 Grad im Schatten!!) hat so ein angenehm klimatisierter Spielsaal aber auch seine Vorzüge. Über Nacht kam zum Glück der für Kreta typische kühlende Westwind auf, so dass für den Rest der Woche angenehme Temperaturen in den 30ern herrschen sollen.
Auch ansonsten haben sich die Spielbedingungen im Vergleich zum Vorjahr nochmal verbessert: neue, größere Tische und neue bequeme Stühle (für die Top-Bretter auch mit Polsterung). Freies Mineralwasser für alle gab es die letzten Jahre auch schon. Neu für Paleohora ist das kostenlose Polo-Hemd mit Turnieraufdruck.
Aber zurück zum schachlichen. In den ersten Runden gab es schon einige prominente Opfer. Als Beispiel sei hier angeführt die Weißpartie des an Nummer drei gesetzten Großmeisters Alexander Zubarev (Elo 2596) aus der ersten Runde gegen Violetta Shnayder (Elo 1860). Und ja, der GM hatte WEISS!! Es wurde ein Massaker, nach 9.-Lxf3 hätte er aufgeben können.
Die Berliner Fraktion startete mit mehr oder weniger soliden Siegen. Rainer rang mit Schwarz einen 12jährigen Holländer nieder - allerdings erst nach wirklich großem Kampf des jungen Talents. Christoph ließ nach unkonventioneller Eröffnungsbehandlung seines Gegners leider wieder Luft in die Stellung. Nach Le5 (statt e5) wäre es sehr schwierig geworden, aus der trockenen Stellung noch etwas heraus zu holen. So war es Spiel auf ein Tor. Maik Kopischke vom Berliner Schachclub Zugzwang, der mit seiner Familie hier Urlaub macht, gewann gegen seinen österreichischen Gegner nach einigen Irrungen und Wirrungen. Nach guter Eröffnung gewann er eine Qualität mit glatter Gewinnstellung. Die technische Phase war eher suboptimal. Und als Weiß dem Remis sehr nahe war, stellte er eine Figur ein.
Die zweite Runde (morgens um 10 Uhr - gefühlte deutsche Zeit also 9 Uhr) brachte für Rainer mit den weißen Steinen einen glatten Start-Ziel-Sieg. Christoph musste sich mit Schwarz gegen Italienisch mit d3 quälen. Viel hatte ich nie (wenn überhaupt etwas). Doch in dem Bestreben, die Partie nicht komplett verflachen zu lassen, manövrierte Christoph sich in eine glatte Verluststellung. In der Zeitnotphase wollte es sein Gegner zu sicher spielen (b4 ist zu langsam. Sxb7 oder sofort Td6+ gewinnen) und ließ Gegenspiel zu, das zum Remis reichte. Maik Kopischke geriet gegen einen litauischen FM unter die Räder.
Genau diesen litauischen FM bekam Rainer in der dritten Runde zugelost. Entgegen aller bisherigen Gepflogenheiten spielte dieser gegen Rainers Königsinder das Sämisch-System. Aus der Eröffnung kam schwarz bequem heraus. Nach dem typischen f5 (vielleicht ist Tc8 besser) spielte sein Gegner aber auf einmal fehlerfrei. Lxd4 war ein hervorragender Zug, ebenso die folgenden Züge mit c6 und zum Schluss Te1. Eine Kombination aus einem Guss. Die Remisbreite war nie überschritten, aber Schwarz musste doch einige Klippen umschiffen.
Christoph bekam einen Gegner, gegen den er am gleichen Ort vor einem Jahr mit Schwarz einfach und sicher gewonnen hatte. Dieses Jahr mit Weiß sah es zunächst ähnlich aus. Schwarz hätte nicht auf a4 nehmen sollen - b4 ist besser. So hätte Weiß den Turm zum Königsflügen schwenken können und sollen. Nachdem Weiß dies aber verpasst hatte, geriet er plötzlich in Bedrängnis. Dann übersah Schwarz aber den seit langer Zeit schlummernden Trick mit Lxh7+ und verlor einen Bauern. Danach verlor er völlig den Faden und stellten noch einen zweiten Bauern und kurz darauf eine Figur ein.
Maik Kopischke hatte es mit einem 11jährigen zu tun und stand nach eigenen Aussagen nach ca. 11 Zügen glatt auf Verlust. Dies konnte er aber in ein unklares Mittelspiel mit zwei Türmen für die Dame umwandeln, dass er dann auch gewann.
Heute um 17.30 Uhr geht es weiter, u. a. mit der Partie der Ex-Europameisterin Antoaneta Stefanova gegen Christoph Nogly. Mal sehen, was wir in der Analyseküche so ausbaldovern ...
Eine Live-Übertragung gibt es nicht, aber die Partien der ersten 30 Bretter werden auf der Turnierseite veröffentlicht.
Wer selber Lust auf Schach hat und im Sommer noch ein kleines Turnier spielen will kann gerne bei dem Aktiv-Schachturnier der Schachfreunde Berlin teilnehmen,
Kommentieren