Schach960: FM Paulsen vor Nofal und Artukovic
Nofal - Paulsen
In Runde 4 leistete Schachfreunde-Besucher Jameel Nofal erheblichen Widerstand - am Ende aber hatte Dirk Paulsen wieder alles im Griff (insbesondere zeitlich) und rechnete den ganzen Punkt zu seinen anderen. Den wohl verdienten Frankenwein reichte er netterweise an den Zweitplazierten weiter. Die übriggebliebene Flasche erloste sich Vince Handke. Herzlichen Glückwunsch!
Hier die Ergebnisse
Dirk Paulsen - 11. Oktober 2015
Tatsächlich spielte der Junge sehr stark. Die Partie machte richtig Spaß. Wie sich starkes Spiel bemerkbar macht? Es gibt keine Patzer, die das Pendel eindeutig ausschlagen lassen in des einen oder anderen Richtung, womöglich dann, erkennend, grob gepatzt zu haben, weiteren kuriosen Plänen oder Zugentscheidungen, welche dann aber wiederum den Gegenüber infizieren, so dass weitere Tendenzwechsel in der Partie nicht auszuschließen sind. Bei hochwertige(re)n Partien wird also die Partieentscheidung weiter nach hinten verschoben, ohne dass es a) diese überraschenden Wendungen und Vorteilswechsel gibt oder b) überhaupt klare Vorteile für diese oder jene Seite gibt.
Die Kunst in derartigen Partien ist es, die Zeit gut einzuteilen. Merke: spätere Entscheidung, auch „Krisis“ genannt, bedeutet, mehr Züge erforderlich auf gutem Niveau, so dass man diese Zeit später gut verwenden kann. Entscheidend hier auch nicht etwa, ABSOLUT viel Zeit zu haben, sondern IM VERGLEICH MIT DEM GEGNER gut eingeteilt zu haben, wobei selbst dieses bei hochwertigen Partien oftmals schwer zu erzielen ist, da der Gegner ja die identischen Grundregeln beachtet. Was man dort also sieht, ist oftmals auch auf der Uhr eine gewisse parallele Entwicklung mit dem Kampf um den Vorteil , welcher oftmals gleichlautend mit jenem auf dem Brett stattfindet. Man versucht also, Probleme zu stellen, welche dem Gegner dann ein wenig (mehr) Zeit abluchsen.
So war es also auch in dieser Partie. Ich hatte zu keinem Zeitpunkt das Gefühl -- was mit den schwarzen Steinen schon gar nicht mal so einfach ist, gegen einen guten Gegner --, schlechter zu stehen. Bei meinen Zugentscheidungen habe ich vor allem darauf geachtet, keine Fehler zu machen. Ich stand mehrfach vor einer gewissen Möglichkeit, die Geschehnisse zu verwickeln, mit ab und an schon erkennbaren kalkulierten Vorteilen. Ich habe jedoch in allen Fällen auf die solide Wahl gesetzt. Motto: „Nichts anbrennen lassen, die Chance kommt noch.“ Meine Stellung war absolut sicher und auf der Uhr stets ein kleines Plus für mich zu notieren.
Wenn Partien länger dauern, verringert sich in den meisten Fällen die Anzahl der verfügbaren Figuren. Diese blieben stets gleich verteilt, obwohl es, wie gesagt, mehrfach die Chance zu Verwicklungen gab. Irgendwann mal aber blieb ein Bäuerchen für mich hängen, eben weil meine Figuren stets ausreichend günstig standen, während er sich doch auf gewisse Gefahren einließ. Mit dem Mehrbauern spielt es sich natürlich allein schon deshalb einfacher, weil weiterer Figurentausch einem in die Karten spielt, während der Druck auf den Gegner wächst. So tauschten sich irgendwann die Damen und dies ging sogar einher mit einer kleine Taktik die mir einen weiteren Bauern einbrachte.
Mit zwei Bauern mehr und einem Endspiel Turm + Springer (auf meiner Seite) gegen Turm und Läufer (auf seiner Seite), plus bei mir fünf Bauern und auf seiner Seite nur noch drei Bauern, wobei zugleich auf der Uhr der Vorteil noch anwuchs, steuerte ich denn doch einem ungefährdeten Sieg entgegen. Die Technik sah so aus, dass ich, da seine Figuren eine gewisse Aktivität ausstrahlten, mich weiterhin nur sicher aufstellte und dabei mir nicht einmal die große Mühe gab, den doppelten Bauernvorteil im Sinne von Vorrücken der Bauern zu verwerten. Alles war gedeckt, irgendwann würde ich schon Fortschritte erzielen. Er tauschte die Türme, in gewisser Panik (ein solch stoisches Verhalten des Gegners erzeugt noch größeren Druck beziehungsweise sorgt es für Verunsicherung), wonach mein Freibauer unaufhaltsam zur Dame rückte. Umwandlung nicht zu verhindern, Zeit abgelaufen.
Ja, er hat gut gespielt und lange mitgehalten. Aber der im Artikel entstandene Eindruck scheint mir den Leser leicht in die Irre zu führen.