Wie wird rochiert?

von am 3. Februar 2018 in Berichte zur 1. Bundesliga

Wie wird rochiert?

Wieder mal ein Schach- und Besuchs­wo­chenende in Dresden. Diesmal spielen die Schach­freunde im Rathaus in der Dresdner Innen­stadt und nicht wie sonst in Meißen. Die Schrei­berin trudelt gemächlich im Laufe des Nachmittags ein und ist ganz begeistert vom feinen Spiel­lokal. Große Schach­fi­guren weisen den Weg die imposante Marmor­treppe hinauf in den Spielsaal. Ein Treppenhaus mit bemalter Kuppel! Mannschafts­leiter Lars - wir kennen uns lange genug - wirkt besorgt. „Das ist kein Spiel auf ein Tor. Eigentlich wollen wir den Kampf doch gewinnen!“. Kein Wunder, sind die Schach­freunde doch - vor allem an den vorderen Brettern - klar favori­siert. Aber Geduld, abgerechnet wird zum Schluss.
Es zeigt sich, dass Emil Schmidek mit Weiß wirklich schlecht steht, wenn nicht auf Verlust, Ilja Schneider auch nicht gut, Kacper Piorun und Jacek Tomczak stehen nicht standes­gemäß klar besser. Wenigstens Dennes Abel hat fast eine Gewinn­stellung nach einem für die Bundesliga unglaub­lichen Vorfall, der mit der Überschrift dieses Beitrags zu tun hat. Doch dazu später. Erst mal den Mantel ablegen, einen Kaffee finden und einen ruhigen Platz für das Notebook.

In folgender Aufstellung wird gespielt:

Schachfreunde Berlin   5½ : 2½   SV Hofheim

Piorun, Kacper          ½ : ½    Schröder, Jan-Christian
Mista, Aleksander       1 : 0    Ginsburg, Gennadi
Tomczak, Jacek          1 : 0    Perske, Thore
Schneider, Ilja         ½ : ½    Lobshanidze, Davit
Schreiner, Peter        ½ : ½    Gurevich, Vladimir
Abel, Dennes            1 : 0    Margolin, Boris
Seyb, Alexander         ½ : ½    Zude, Arno
Schmidek, Emil          ½ : ½    Brendel, Oliver

Alle Partien können hier nachge­spielt werden:
http://schachbundesliga.de/liveportal

Fast 4 Stunden sind gespielt und es steht 2:2 nach Remisen an den Brettern 1, 4, 5 und 7. Niemand wirkt unzufrieden darüber. Wie läuft es an den verblie­benen Brettern? Nachdem ich noch vor ein paar Minuten keinen halben Euro mehr auf Emils Stellung verwettet hätte, hat er zwischen­zeitlich mit einem takti­schen Schlag (29. Lxg6!) seinem Gegner einen Bauern abgenommen und ihm dazu einen Adrena­linstoß verpasst. Sowas sitzt, der erfahrene Gegner ist sichtlich verdutzt. Emil ist wieder im Spiel!
Dennes hat nun auch gewonnen, der Sieg hatte sich schon länger abgezeichnet. Zwischen­durch musste er seinem Gegner beibringen, wie man rochiert. Dieser hatte nämlich zuerst den Turm bewegt (Th8-f8?) und ihn dort losge­lassen. Danach nahm er den König, um ihn nach g8 zu stellen. Dennes protes­tierte regel­ge­recht, der Gegner wollte dies jedoch nicht akzep­tieren. Der Schieds­richter musste erst kommen und anhand der elektro­ni­schen Übertragung das Geschehen nachvoll­ziehen. Er gab Dennes Recht und nun stand der schwarze Turm auf f8 und der König blieb in der Mitte. Die Stellung fortan war eine Strafe, und Dennes ließ auch keine Luft mehr ‘ran.
Jacek gewinnt auch, kurz danach auch Aleksander, und der doch klare Mannschaftssieg steht fest. Lars strahlt. Emil spielt immer noch, und er hat - wie alle hier meinen - gute Remis­chancen. Große Klasse, wie er den Mut nicht verloren und taktisch gefährlich geblieben ist, auch als er nur noch wenige Minuten für 12 Züge in schlechter Stellung hatte.
5 Stunden sind gespielt, Emil sitzt inzwi­schen unglaublich entspannt am Brett. Sein Gegner muss wohl das sich anbah­nende Remis erst noch verdauen.
Eigentlich ist das Soll für dieses Wochenende schon erfüllt. Morgen geht es gegen die SV Hockenheim, die Gegner sind an allen Brettern ELO-stärker. Entspre­chend ein früher Aufbruch vom Abend­brot­tisch, die (Vorbereitungs-)Nacht wird lang.

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