5 vor 12

von am 13. Februar 2017 in 4. Mannschaft, BMM, Teams

5 vor 12

Einen Bericht über die Ereig­nisse des gestrigen Mannschafts­kampfes zu schreiben geht im Prinzip ganz einfach: Wir haben gegen die Mannschaft von Rehberge mit 4,5-3,5 gewonnen. Da Schach jedoch nicht nur ein Ergeb­nis­sport ist, lohnt es sich durchaus auch über die Umstände zu berichten, wie es zu diesem Ergebnis kam.

Der Bericht­erstatter hatte ein gebrauchtes Wochenende. Zunächst gab es den 53.Geburtstag zu vermerken, dann wurde ich von einem 3-jährigen Jungen als Opa identi­fi­ziert und schluss­endlich hat mein Hirn alle allge­meinen Schach­prin­zipien außer Kraft gesetzt: In der Eröff­nungs­phase zweimal die Dame gezogen, zweimal den weißfeld­rigen Läufer, dreimal den Königs-Turm. Der König wurde nicht rochiert und in der Mitte zum Mattsetzen belassen. Das alles in 2 Stunden, wobei ich allein ¾ dieser Gesamt­spielzeit in Anspruch genommen habe. So spielt man also, wenn man 53 ist. An alle Freunde: Wenn ich mit 54 nur noch Randbauern ziehe, meldet mich aus dem Verein ab und bei einem Ligakon­kur­renten an, damit ich keinen weiteren Schaden für uns anrichte !

Um 11 Uhr konnte ich also meiner schlechten Laune freien Lauf lassen, indem ich um die Tische spazierte und mal da einen schlauen Gesichts­aus­druck hinterließ und mal dort ( bei diesem Gesicht gar nicht so einfach !). Um 5 vor 12 hatte ich immer noch schlechte Laune und eine Stunde später um 5 vor 12 auch noch, weil sich die allge­meine Schachlage weiter zu unseren Ungunsten verschoben hatte. Brett 7 stand völlig auf Verlust und Brett 6 hatte sich entschlossen, denselben Nieder­la­genweg einzu­schlagen. Stimmungs­auf­hellend waren zu diesem Zeitpunkt auch die 2 Remisen an den Brettern 4 und 5 nicht wirklich.

Eine Stunde später um 5 vor 12 stand es immer noch 2:3 gegen uns. Inzwi­schen hatte sich der Rehberger Spieler an Brett 7 jedoch entschlossen, es mir gleich zu tun: Warum soll man ein gewon­nenes Endspiel mit Mehrbauer wirklich gewinnen wollen? Wenn man 53 ist, muss man ja nichts mehr beweisen und man stellt gerne Figuren zum Schlagen hin und gibt auch gerne gegen einen Nachwuchs­spieler auf. An dieser Stelle ein recht herzliches Danke­schön für dieses Gastge­schenk.

In der Endphase des Mannschafts­kampfes um 5 vor 12 liefen also noch 3 Partien und wie ich mich auch bemühte, ich konnte durch simpelstes Addieren nicht auf das Endre­sultat von 4,5 kommen. Man hat eben nur 5 ganze Finger und mit Brüchen wollte ich nun nicht auch noch anfangen - zu aufwendig. Plötzlich höre ich ein „Klack­ge­räusch“ (es entsteht, wenn eine Figur energisch mit einer anderen zusam­men­trifft ), ich sehe an Brett 3 wie unser schwarzer Turm einen weißen Springer auf h2 schlägt und wie eine Hand, ein ganzer Arm zur Aufgabe rüber gereicht wird. Im Traum klingelt immer genau dann der Wecker, wenn sich die Blondine, Brünette, Schwarz­haarige einem gerade ganz und gar widmen möchte. Aber dieses „Klack“ war kein Wecker und hinter dem Arm verbarg sich auch keine Schönheit. Es war lediglich die Aufgabe eines grauhaa­rigen Schach­spielers. Wie schön die Realität doch sein kann.

Zwei andere Herren der Schach­freunde haben an Brett 2 und 1 dann noch Remis gespielt und gewonnen und so kam es, dass auf dem Mannschafts­pro­tokoll 4,5: 3,5 stand. Ein tragik-komischer Film mit Überlänge, der in der Bülowstr. wohl nur einmal gezeigt und nicht wiederholt wird. Auf die spätere Frage wie spät es sei, antwortete ich: „5 vor12, aber wie spät es in Wirklichkeit ist, weiß ich nicht. Meine Uhr ist stehen­ge­blieben.“

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5 KommentareKommentieren

  • Martina Skogvall - 17. Februar 2017 Antworten

    Lieber Arnd, Du kannst so schön schreiben! Vielen Dank für den lustigen, anrüh­renden Bericht.

  • Marcus Gretzer - 16. Februar 2017 Antworten

    Ob wir Dich dann noch bei uns einsetzen können?

  • Marcus Gretzer - 16. Februar 2017 Antworten

    Danke, Arnd, für diesen schönen Bericht! Ich wünsche Dir weiterhin viele verpatzte Schach­partien - und uns unter­haltsame Veran­schau­li­chungen dessen. Im übrigen bin ich der Meinung, man sollte für Schach­spieler ab einer gewissen Alters­grenze in regel­mä­ßigen Abständen etwas Ähnliches wie TÜV-Unter­su­chungen veran­stalten, bevor man sie auf die Mannschafts­kämpfe loslässt.
    Nächstes Jahr wirst du noch älter!

    • Rainer Polzin - 16. Februar 2017 Antworten

      TÜV-Unter­su­chung mit anschlie­ßender Straf­ver­setzung in die 6. Mannschaft. Das ist doch mal ein Vorschlag -:).

  • Peter Baranowsky - 14. Februar 2017 Antworten

    Lieber Arnd, wenn deine Eigen­analyse nicht so besorg­nis­er­regend wäre könnte ich über deinen Bericht herzlich lachen ... aber ich bin 17 Jahre älter und es ist immer noch 5 vor 12!
    Liebe Grüße Peter
    Leider ist es für zwei liebe Schach­freunde von uns schon 5 nach 12, bestürzend ...

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